© – Gunda von Dehn – Pauken und Trompeten

Vorbemerkung: Graf Huno (+ vor 1091) ux Willa

Huno ist vielleicht ein „Vizegraf“ der WERLER Grafen gewesen. Die Oldenburger übten das Grafenamt aus in Rüstringen, Östringen, Wangerland  und Harlingen. In Esens besaßen sie Patronatsrechte, aus Aurich bezogen sie eine Bierabgabe.

In Betracht käme bei dieser Sage auch auch eine Verwechslung mit Konrad II. von Arnsberg-Werl, dessen Sohn „Friedrich der Streitbare“ gewesen ist. – Im Jahr 1112 schwor „Friedrich der Streitbare“ während des Hoflagers von Heinrich V. in Münster diesem seine Gefolgschaft. Freilich hielt der Schwur nicht lange. Friedrich und sein Bruder Heinrich gehörten schon 1114 zu den sächsischen Adeligen, die sich unter Führung des Sachsenherzogs Lothar von Supplinburg gegen den Kaiser empörten. – Einer Verwechslung widerspricht allerdings, dass Graf Konrad II. erst im Jahr 1092 zusammen mit seinem Sohn Hermann im Kampf gegen die Friesen fiel, was aber ja nun auch nicht absolut korrekt sein muss. (Der Name „Konrad“ erscheint urkundlich auch unter dem Namen Kuno bzw. Kono, somit ist gegebenenfalls auch „Huno“ möglich)

Geht man davon aus, dass Huno Graf von Rüstringen, Östringen, Wangerland  und Harlingen gewesen ist, ergibt sich folgendes Bild:

  • Huno ersucht den Erzbischof von Hamburg-Bremen, Adalbert, um Erlaubnis, in dem Ort Rastede ein Bethaus zu Ehren des Hl. Odelricus (Ulrich) errichten zu dürfen.
  • Gründung der Rasteder Kirche am 11.09.1059 (um 1091 zum Kloster erweitert)
  • Das Kloster Rastede zu Ehren der „seligen Jungfrau“ soll aufgrund eines Gelübdes gegründet worden sein.
  • Der Löwenkampf selbst soll nach einem Hoftag in Goslar stattgefunden haben. Da käme nur der Hoftag vom 29. Juni 1073 in Frage, so denn „Goslar“ korrekt ist. Diesem Hoftag soll Huno ferngeblieben sein, was tatsächlich eine unziemliche Handlung gewesen wäre, die König Heinrich IV. sicherlich nicht ungeahndet gelassen hätte.
  • Der „Löwenkampf“ ist Legende. Ob er jemals stattgefunden hat, sei dahingestellt. Möglicherweise fand er, wenn überhaupt,  nach 1075 statt, da das Kloster Rastede zu Ehren der „seligen Jungfrau“ erst 1091 geweiht wurde.
  • Sehr schön wird mit der Legende aber die Verleihung des Wappens und einiger Reichsgüter in der Umgebung von Soest / Westf. (zugehörig zur Grafschaft der Werler) verknüpft, sowie einige Schenkungen durch den König Heinrich.
  • Bzgl. des Wappens ist anzumerken, dass Querbalken im Wappen das Zeichen der zum Ritter erhobenen Knappen war. Die Legende besagt, dass Friedrich durch König Heinrich IV. zum Ritter erhoben worden ist. Dann müsste Friedrich Ritter des Königs und diesem am Hofe zu Diensten gewesen sein.
  • Historisch belegt ist der Sachsenaufstand, den die sächsischen Fürsten gegen Heinrich IV. geführt haben. Dass Huno zu den Verschwörern gehört hat, scheint eher unwahrscheinlich.
  • Möglich ist eine Verleumdungskampagne gegen Huno und seinen Sohn Friedrich:
 

Die politische Lage:

  • Rüstringen und Ammerland gehören zur Diözese Bremen
  • Der Erzbischof von Hamburg-Bremen, Adalbert, will ein Patriarchat errichten. Darüber hinaus beansprucht er die alleinige Gerichtsbarkeit in seiner Diözese (also Bremen und Hamburg), d.h. kirchliches und weltliches Gericht.
  • Das Streben des Erzbischofs von Hamburg-Bremen tangiert naturgemäß den Machtbereich des zuständigen Grafen. Undeutlich ist bis heute, ob Rüstringen und Ammerland zur Grafschaft der Werler Grafen gehörte.[1] In der Chronik von Adalbert von Stade (geb. ca. 1200) ist das Ammerland friesisch.
  • Erzbischof Adalbert von Bremen hat das Ziel, sich jenen Teil der Grafschaft einzuverleiben, der zu seiner Diözese Bremen gehört. Das kann Adalbert aber nur gelingen, wenn der zuständige Graf und dessen Erben beim König in Ungnade fallen und ihrer Lehen entkleidet werden.
  • 1066 wird Erzbischof Adalbert selbst gestürzt, weil er seine Stellung dazu genutzt hat, seine Kirche aus Krongut zu bereichern. Adalbert kehrt 1069 zurück an den Hof und verstirbt am 16. März 1072 in Goslar.
  • Adalberts Nachfolger wird Erzbischof Liemar (von 1072 bis 1101). Liemar entstammt einem bayrischen Ministerialengeschlecht. Er führt die Politik seines Vorgängers Adalbert fort.
  • Der Hoftag von Goslar fand am 29. Juni 1073 statt. Das war eine Zeit höchster Spannungen im Reich, die im Sachsenkrieg gipfelten:
  • Heinrich IV. hatte kurz nach seinem Regierungsantritt damit begonnen (unter dem Einfluss von Adalbert, Erzbischof von Hamburg-Bremen), im Harzgebiet mächtige Höhenburgen zu errichten und mit Ministerialen aus Schwaben zu besetzen.
  • In Gegnerschaft zum ansässigen Adel suchte Heinrich IV., das Land militärisch und wirtschaftlich (reiche Silber- und Erzvorkommen) zu ergreifen und der Krone dienstbar zu machen. Planung und Durchführung dieses Vorhabens lagen bei dem Goslarer vicedominus Bischof Benno von Osnabrück.
  • Die Harzburg bei Goslar war der mächtigste Bau der neu errichteten Burgen von Heinrich. Dort ließ Heinrich die Gebeine seines Bruders und seines Sohnes Heinrich (* 1./2. August 1071: † 2. August 1071) beisetzen, um seinen Machtanspruch zu demonstrieren.
  • Eine ungeheure Provokation des ansässigen sächsischen Adels!
  • Die Burgbesatzungen aus Schwaben begingen gewaltsame Übergriffe auf die Bevölkerung, enteigneten Güter, plünderten und requirierten widerrechtlich Vieh und Ernten für sich. Auch wurde König Heinrich vorgeworfen, Sachsen übermäßig zu belasten, indem er sich nur noch dort aufhielt. Dadurch kam es zu einem Bündnis des sächsischen Adels mit der Landbevölkerung. Man stellte Forderungen an den König, wie z.B. das Schleifen der Burgen, die Rückgabe der Güter und eben auch die Forderung, dass sich der Hof (mit ca. 2.000 Bediensteten) auch in anderen Landesteilen des Reiches aufhalten müsse. Als Heinrich die Forderungen zurückwies, kam es zum Aufstand.
  • Es gärte also schon seit Heinrichs Regierungsantritt und schon lange vor dem Hoftag in Goslar.
  • Aus diesem Sichtwinkel könnte König Heinrich IV. also durchaus Grund zu der Annahme gehabt haben, dass Huno sich gegen ihn, Heinrich, verschworen haben könnte.
  • Möglicherweise steckte auch eine Intrige des Bremer Erzbischofs dahinter, der Versuch, den unliebsamen Huno aus dem Weg zu räumen, denn beide Erzbischöfe von Hamburg-Bremen (Adalbert und Liemar) waren Heinrichs wichtigste Berater.
  • Beim Hoftag am 29. Juni 1073 in Goslar demütigte König Heinrich IV. die Fürsten, indem er sie vor der Pfalz warten ließ, während er sich beim Würfelspiel vergnügte. Das brachte letztendlich das Fass zum Überlaufen.

Im Sommer 1073 belagerten die Sachsen unter der Führung von Otto von Northeim und Bischof Burchard II. von Halberstadt Heinrich IV. in der Harzburg. Dieser konnte jedoch nach Worms fliehen und erreichte am 2. Februar 1074 den Frieden von Gerstungen, in dem er die Forderungen der Sachsen weitgehend anerkennen musste.

Nach der kurz darauf erfolgten Plünderung der Harzburg durch die sächsische Landbevölkerung brach der Konflikt jedoch erneut aus und führte am 9. Juni 1075 zur Entscheidungsschlacht bei Homburg an der Unstrut, die Heinrich IV. für sich entscheiden konnte. Im Oktober kapitulierten das vereinte aufständische sächsisch-thüringische Heer unter Otto von Northeim und Burchard II. von Halberstadt.

[1] Die Geschichte der Werler Grafen ist häufig untersucht worden, z.B. durch Bollnow (1930), v. Klocke (1949), Schölkopf (1957), Prinz (1970), Hömburg (1949, 1950, 1963, 1967) und Leidinger (1965, 1972, 1994, 2007). Die Quellenlage ist spärlich. Darum entzieht es sich uns, ab wann welches Mitglied der Werler Sippe über welchen Einfluss verfügte. Insgesamt reichten die Grafschaften der Werler vom Rothaargebirge im Süden bis an die Nordseeküste. Sie besaßen zeitweise die Hochvogtei im Bistum Paderborn, vielleicht auch in den Bistümern Münster und Osnabrück. Vogteirechte bestanden bzgl. der Reichsabtei Werden und des Reichsstifts Essen und der Damenstifte Meschede, Liesborn, Freckenhorst und Oedingen. Friedrich von Werl-Arnsberg könnte zusätzlich die Kirche in Rastede in eine Abtei umgewandelt und die Vogtei ausgeübt haben. In Westfalen besaßen die Werler in Kriegszeiten eine herzogähnliche Stellung.

Aber weil die Legende so schön ist, noch eine Ballade:

Friedrichs Löwenkampf

Der Oldenburger Balkenschild

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Der Rüstringer Graf, ergraut und betagt,
hatte dem König Gehorsam versagt,
er folgte dem Rufe Heinrichs nicht,
versäumte sogar die Reichstagspflicht.
So fügte es sich zum Unglück des Grafen,
dass Heinrich sich glaubte von ihm verraten.
 
Er befahl dem Vasallen, nach Goslar zu reisen,
dort mochte er ihm seine Treue beweisen.
Die Treu’ zu beweisen, das war gar schwer,
denn des Grafen Feinde kannten nicht Ehr’,
sie nährten den Königs Ärger und Zorn
auf den alten Huno und Friedrich, den Sohn.
 
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Das Herz voller Furcht, ohne Hoffnung auf Gnad’,
der Graf vor Heinrich den Vierten trat.
Der schaute den Alten prüfend an.
Ob der Wahrheit Tiefe er gründen kann?
Des Königs Gesicht war von Eise so kalt,
seine Züge voll herber Entschlossenheit:
 
 „Ihr habt mich verraten, das trug man mir zu,
erklärt Euch, Graf, ich höre Euch zu.“
Der Alte bebte am ganzen Leib,
bat flehentlich um Gerechtigkeit,
und gnädiglich lieh ihm der König sein Ohr,
als Graf Huno ihm ewige Treue schwor.
 
„Vielleicht ist es wahr, was Euer Mund spricht,
doch den letzten Zweifel beseitigt ihr nicht.
Wie soll ich Euch glauben? Der Schwur mir nicht reicht!
Es fließt von der Zunge die Lüge so leicht.
Man sagt, Euer Sohn konspiriert gegen mich…“
„Mein Sohn? Herrgott! Das wär‘ fürchterlich!“
 
Heinrichs Gesicht war von Zorne bleich.
“Ich bin der König im Deutschen Reich!
Mit eiserner Faust zermalm’ ich Verschwörer,
Verräter, Verbrecher und Reichszerstörer!“
Das Lächeln erlosch im erlauchtigsten Kreis
der mächtigen Fürsten, die mit Heinrich gespeist.
 
„Und ob auch Verschwörer nur rings umher
und der Feinde werden es täglich mehr,
besiege ich Aufstand und Rebellion
und währet der Kampf auch Jahre schon.
In den Staub werd’ ich alle sie zwingen,
denn die Kaiserkron’ will ich erringen!“
 
„Erbarmt Euch, Hoheit, ich flehe Euch an,
mein Sohn ist ein heißblütig junger Mann,
doch leg’ meine Hand ich ins Feuer für ihn,
dass er Euer Hoheit Vertrauen verdien’.“
 
„Verbrennt Euch nur nicht, lieber Graf,
nah ist oft des Himmels Straf’.
Gott selbst wird weisen uns den Weg,
ob den Löwenkampf dein Sohn besteht.
So gewähre ich, Heinrich, in Großmut die Gnad’
die Gottesentscheidung – ob Ehre – ob Grab.“
 
Mit Schaudern Graf Huno vernahm das Verdikt,
die glorreichen Fürsten, sie schwiegen erschreckt.
Bereitet zum Kampf steht Graf Friedrich im Zwinger –
schöne Damen schillern im Mittagsflimmer
in herrlicher Farben bunter Pracht –
auf der Tribüne wird fröhlich gelacht.
 
König Heinrich3
 
 
Da hebt König Heinrich erhaben die Hand,
die erlauchten Gäste, sie schauen gespannt.
Knarrend hebt sich das eiserne Tor,
witternd geduckt schleicht der Löwe hervor,
späht in die Rund’, reißt den Rachen auf,
brüllt, daß die Damen erzittern, so laut.
 
Zurück weicht der Junker ein Stück an die Wand,
hat plötzlich aus Stroh einen Kerl in der Hand.
Die Katze kommt näher, duckt sich im Sand,
es reckt sich der Körper, der  zuckende Schwanz.
 Der Junker, er lockt den Löwen voll Mut
mit der Puppe aus Stroh – aus der tropfet Blut.
 
 
Der Löwe, er lauert, schnellt jäh empor,
schlägt Pranken und Fang in den Kerl aus Stroh.
Der Junker, er taumelt und stolpert zurück. –
Auf dem Altan die Damen kreischen entsetzt.
Fürsten wie Ritter sind schier gebannt
vom tapferen Junker im blutigen Sand.
 
Die Katze zerfetzt ihre Beute im Wahn,
beherzt springt Junker Friedrich heran.
Der Löwe brüllt auf in rasender Wut,
der geschmeidige Körper streckt sich im Flug…
Von Bremen, der mächtige Erzbischof,
er schaut mit düsterem Blick in den Hof. –
 
Zerschmettern die Pranken den elenden Feind? –
Da bohrt sich dem Leu das Schwert in den Leib.
Verletzt bricht er nieder, brüllt fürchterlich,
im eigenen Blute nun wälzt er sich,
streckt sich, verendet im flirrenden Staub.
Vom Altan her braust begeistert Applaus.
Ein Windstoß lässt die Fahnen wallen,
vom Turme her Fanfaren schallen.
 Kings_0000_Verlaufsfüllung 4
Der König selbst steigt hinab in den Zwinger,
zu ehren jung Friedrich, den edlen Gewinner.
Er taucht in des Löwen Blut die Hand,
malt Streifen aus Blut von Rand zu Rand
auf einen Schild mit güld’nem Grund
und spricht dazu: „Von selbiger Stund‘
sei künftig dies Wappen für alle Zeit
Beweis Eurer Treue und Lauterkeit.“
Umgürtet ihn mit dem Schwert der Ritter
und schenket dem Junker viel wertvolle Güter.
 
 
 
Nach glücklicher Heimkehr ins Ammerland,
erbauen die Grafen ein Kloster zum Dank;
dem Orden der Benediktiner gegeben,
ward es im Rasteder Land belegen.
 
Gunda v. Dehn
 

Anm.: 1101 fasst Heinrich IV die frs. Grafschaften in einer Mark zusammen und überträgt diese Heinrich von Northeim, der noch im selben Jahre in Stavoren »a vulgaribus Fresonibus« getötet wird.

AutogrammkarteGunda

Gunda von Dehn

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Letzte Änderung 05.10.2023