© – Gunda v. Dehn – Sequenz aus meinem Musical „Stedinger“
Die Schlacht auf den Wilden Äckern
Von Junker Ockos edlem Sinn, reich an Macht und Land und Sieg, und seiner Herzenskönigin itzo kündet dieses Lied. Durch grüne Gräser weht der Wind, verstummt die Meereswogen sind, die auf den Strand einst branden verflossen Ruhm und Ehr und Macht, verschwunden ist die hehre Pracht, kein Stein blieb auf dem andern. Einst ragte eine stolze Burg[1] an der Nordseestrande Flut, und ringsum friedvoll Moor und Heide, und in schimmernd grünem Kleide lag der Wald in tiefer Ruh in der Morgensonne Glut. Raue Winde wehten her über die Olde Borg vom Meer. Und es schien als wollt‘ sie streben in den hellen Morgenstrahl. – Da begann die Erd‘ zu beben von Kriegsgeschrei und Hörnerschall. Und bei des frühen Morgens Lichte tritt mit finsterem Gesichte Ocko tom Brok auf seinen Turm, erblickt des mächt’gen Feindes Sturm. Sein‘ Feinde sich verbündet haben, den Herrn von Brokmerland zu schlagen. Nie sah sein Weib ihn so düster und bleich, doch als er sie schaut, wird sein Antlitz weich, presst heftig sein Weib in den starken Arm, stöhnt auf in Schmerz, liebkost es warm. „Geht nicht ins Feld mit Schwert und Schild!“ schreit Ingeborg[2] in Ängsten wild. Doch er den Mantel um sich schlägt, ein Kuss noch, ein letztes Wort – er geht. Er sieht noch das weiße Angesicht, die Tränen in Ingeborgs Augen: „Ich flehe dich an, Liebster, geh nicht“, hört er sein Eh‘gemahl raunen. Krachen und Tosen und Kriegsgebrülle zerreißt die heilige Morgenstille. Trommeln und helle Posaunen schallen und unzählig schillernd Fahnen wallen. Mit Paukenschlag und Sing und Sang zieht das feindlich‘ Heer heran. Es klingt und pfeift und kracht und klirrt, von Pfeilen ‘s in den Lüften schwirrt. Der Burgherr schwingt sich auf sein Pferd, hebt kampfbereit das blanke Schwert. Dem Burgherrn Leib und Sein zu weihen, harren in Hoffnung die wackeren Treuen. Und überall auf rotem Grund der Adler glänzt zu dieser Stund‘, der güld‘ne Adler, dreifach bekront, das hehre Wappen der tom Brok, es wehet stolz, es weist den Weg. „Hilf Gott! Und führe uns zum Sieg!“ Dort unten steht das feindlich Heer, aus Waffen wogend wie ein Meer. „Wohlan, wir müssen uns befreien!“ tobt Ockos Reiterschar mit Schreien. Der Junker sprengt ins feindlich Feld. Er schlägt sich wie kein and’rer Held. Sein Weib blickt von des Turmes Zinnen hinunter mit verzweifelt Sinnen, schaut auf das blut’ge Schlachtfeld hin, sieht seines Helmes Büsche weh‘n. So harret sie in Furcht und Harm, und betet für ihr‘n Eh’gemahl. „Begleit‘ ihn, Herr, mit Himmels Segen! Beschütze, Herr, sein junges Leben! Oh, lasse regnen Segensfluten aus deinem hohen Himmelsbogen! Ich will dir Leib und Seele geben, lässt du nur meinen Liebsten leben!“ Sie sieht den Liebsten furchtlos reiten, sein‘ mutig Krieger trotzig streiten. Silberhell glänzt Ockos Wehr und es blinken Schwert und Speer. „Meine Bitte hör, oh Gott, beschirm ihn vor dem kalten Tod!“ Rauch und Nebelschwaden dünsten zum Himmel, der zu grau sich kehrt. Dröhnend donnern die Geschütze, und lodernd aus des Grabens Erd‘ glüht der Feuerschein der Büchsen, die Friedensstörer zu vernichten. Und plötzlich aus des Himmelsbogen, blitzt und flammt ein Wetterschein, schwarz‘ Gewölk ist aufgezogen, brausend setzet Sturmwind ein. Begleitet von Gewittersausen rauscht die Flut aus Himmelsschleusen… „Wir werden all‘ zur Hölle fahren! Rückzug! Lasst die Hörner blasen!“ hört der Knapp‘ den Burgherrn schrei’n. – „Ein blut’ger Sumpf ist das Gefild. – Die tapf’ren Musketiere mein sind schwächer noch als wehrlos Wild!“ Jung Ingeborg, hoch auf dem Turm, mit Schaudern höret sie das Horn: „Verloren ist der Kampf, die Schlacht, zu stark des Feindes Übermacht.“ In Tränen muss sie niederfall’n: „Erbarm dich Herr, erbarm dich sein!“ Vom Feld hinunter jagt ein Ross. Ein banger Blick fliegt auf zum Schloss. Dem Mordgewühl entkommt es kaum bis an der ‚Wilden Äcker‘ Saum. Bedeckt mit Schaum, befleckt mit Blut, bricht Ockos treues Ross zu Tod. Der wilde Focko[3] sprengt heran, sein schwarzes Schwert, es tropft von Blut, und in des Gegners Augen dann erblickt der Junker hitzig Wut. „Du warst mein Freund“, spricht Ocko matt, „was trieb dich nur zu Zorn und Hass?“ „Nicht länger mehr dein Freund ich sei, sollst im Verliese schmachten! Ich lasse nimmermehr dich frei! Die Freiheit lernst du achten!“ In eisern‘ Bande ohne Gnad‘ schlägt ruchlos er den Junker hart. Ingeborg, das liebend Weib, es kann nicht tragen dieses Leid. Ehre, Liebe, Glück … zerbrochen, gemordet von verzweifelt Sorgen; bezwungen bricht das treue Herz, verlischt in Leid und bitt’rem Schmerz. – Nach langer Zeit in Not und Pein, von Gram verzehrt, von Ketten frei, das Herze krank von Qual und Not, der Junker sehnt sich nach dem Tod, wünscht, dass er sterben möge: Herrgott, gewähr mir diese Liebe! Find ich in deinem herrlich Reich meine Liebste wieder, bin selig ich in Ewigkeit. – Sie steht nicht mehr, die ‚Olde Borg‘, doch lebt im Friesenvolke fort das edle Blut derer ‚tom Brok‘! Gunda v. Dehn[1] Oll Börg (Oldeborg) im Brookmerland [2] Ingeborg, Tochter des Grafen Moritz von Oldenburg [3] Focko Ukena, Häuptling von Moormerland
Bilder: G. v. Dehn letzte Änderung 31. Mai 2017
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letzte Änderung 05.10.2023