© – Gunda von Dehn – „Kirchenchor“  –

 

Die Marienkirche von Marienhafe im Brookmerland

Dom von St. Marien Cover 2 komprimiert

Rekonstruktion Schomerus

                                      

Der „Dom von St. Marien“ im Kontext zur Entstehungszeit

Dom von St. Marien Cover 4

Rekonstruktion Schomerus: Dom von St. Marien Marienhafe

Ist die Kaiserin Maria von Brabant Stifterin des Doms von St. Marien?

Der Dom – ein Abbild der göttlichen Schöpfung, so heißt es. Der „Dom von St. Marien“ in Marienhafe mit all seinen Geheimnissen aus nebulöser Vergangenheit – ein reizvolles Thema.
Wir möchten etwas Licht in das diffuse Dunkel tragen. Unsere These soll Denkanstoß sein und einen Lichtstreif werfen auf jene Vergangenheit, in welcher der „Dom von St. Marien“, das ehemals größte Bauwerk zwischen Ems und Weser, entstanden ist.

Als Dom wurde ursprünglich jedes Haus Gottes bezeichnet, später jedoch in der Bedeutung von Bischofskirche. Ein Münster ist eine zu einem Kloster gehörende Kirche. Der „Dom von St. Marien“ war nach diesem Verständnis also keine Kloster-, sondern eine Bischofskirche. Die Marien-Kirche, am Rande der Diözese Münster, ist definitiv Sendkirche (kirchl. Gericht) der Propstei „Brokmannia“ gewesen.

Lebensdaten der  Maria von Brabant (*um 1191-nach 9.3.1260):
1. Ehe 19.5.1214 mit Kaiser OTTO IV. (1182-19.5.1218)

2. Ehe 1220 mit Wilhelm I. Graf von Holland um 1165-4.2.1223

Wilhelm I. Graf von Holland, Sohn von Graf Floris II. von Holland (ca. 1138-01.08.1190) und der Adelheid von Schottland (†1204/1212),  war zuvor verheiratet gewesen mit:

Adelheid, der Tochter von Otto I. (*ca. 1150, +nach dem 30.04.1207), Graf von Geldern und der Richardis von Scheyern-Wittelsbach (*1173, +21.09.1231), Tochter des Herzogs Otto I. von Bayern (1117-11.07.1183) und der Agnes von Looz (ca. 1150-26.03.1191). Adelheid war die Großmutter des Gegenkönigs Wilhelm von Holland (1247-1256).

Der „Groote“ der Maria von Brabant zeigt eine Kirchenabbildung sowie einen Adler (kein Engel!) unter der gestürzten Krone. Der Wappenschild zeigt anscheinend 4 kl. aufrechte Löwen rechts im Schild und linker Hand einen großen aufrechten Löwen.


Vorgeschichte

Man nimmt an, dass der erste Kirchenbau um ca. 800 n. Chr. errichtet wurde. Es ist möglich, aber nicht zwingend, dass jene Kirche bei dem Dorf Upgant von der Dorfgemeinschaft gegründet und insofern infolge von Missionstätigkeiten des Hl. Liudger errichtet worden ist. Der Heilige Liudger missionierte dort um diese Zeit, denn dies war das ihm zugewiesene Missionsgebiet (790 erste Kirchengründung in Leer).

Die erste Holzkirche könnte aber auch älter gewesen sein, denn bereits unter dem Friesenkönig Aldgisl (615 – +689) gab es Christen und Aldgisl wie auch dessen Sohn, König Redbad (= Radbod), gestatteten Missionierungstätigkeiten und ließen diese unbehindert. Diesen Missionierungen war jedoch kein größerer Erfolg beschieden. Bis 714 herrscht Frieden, dann wird Grimoald ermordet, der Sohn von Pippin II. Er ist der Gemahl von Redbads Tochter Theodesinde gewesen. – Es gibt Krieg! Dieser Krieg steht offensichtlich in engem Kontext zu Grimoalds Tod sowie auch zu Redbads Tochter Theodesinde und dem Sohn Theodald aus der 712 geschlossenen Ehe mit Grimoald.

Theodesinde findet merkwürdigerweise nach Grimoalds Tod keine weitere Erwähnung. Normalerweise müsste sie wieder verheiratet worden sein. Möglicherweise war sie ermordet worden, denn Grimoald hatte noch ein Konkubinatsverhältnis. Der genannte Rangarius (Ragnar), der Grimoald erschlagen hat, lässt sich leider nicht mit Sicherheit als Sohn von Redbad bestimmen.  Der sofortige Angriff Redbads nach dem Tod des Rangarius (714) auf die Franken lässt auf Blutrache schließen. Ebenso auch die weiteren Reaktionen des Redbad. Es hat offenbar eine deutliche Kehrtwendung in der Denkweise des Königs gegeben, der immerhin seine Tochter einem Christen zur Frau gegeben hatte, was auch mit einer Taufe der Theodesinde verbunden gewesen sein muß.

König Redbad lässt nun die christl. Stätten zerstören und die Missionare verfolgen. Man darf dabei nicht außer Acht lassen, dass Redbad in seiner Eigenschaft als König auch der oberste Priester gewesen ist und die dänischen Könige ihre Herkunft von den nordischen Göttern Odin und Freya herleiteten.

Redbad I König der Friesen 679-719
Redbads Tochter: Théodesinde (od. Theodesindis) heiratet Grimoald II  * ca. 708, Herzog der Franken, Major Domus von Austrasien und Neustrien (oder Soissons) und Burgund, ermordet um 714 – Dynastie Pépinniden
sie haben den So. Theodald (Theobald, Théodobald od. Thibaud)

1. Bauphase um 800

Die erste Errichtung einer Kirche in dem heutigen Ort Marienhafe wird um 800 angenommen. Eine mit Namen bezeichnete Ortschaft gab es zu jener Zeit dort nicht. Der Ort Marienhafe bildete sich infolge der Kirche sowie des 838 ausgespülten Tiefs als Handelsplatz.

Diese erste Kirche an der Stelle von „St. Marien“ war vermutlich eine Holzkirche und weiterhin darf man davon ausgehen, dass dort zuvor ein Heiliger Hain mit Thingplatz gewesen ist, denn dort wurden üblicherweise die ersten Kirchen errichtet. Der „Heilige Hain“ war stets außerhalb in einiger Entfernung der Ansiedlung. Er bot oft einen makabren Anblick, denn die Priester pflegten die Kadaver der Opfertiere in den heiligen Bäumen aufzuknüpfen. Ferner dienten die Bäume auch als Galgen.

Das nahe Upgant gehörte vermutlich zu jenem „Heiligen Hain“. Es war eine Bauernsiedlung, die an einem Gatt, der Gant, einem ins Land vorgeschobenen Meeresarm, lag. Vermutlich wurde dort auch Handel getrieben. Das Wort der Goten für „Straße“ ist „gatwo“ (schwedisch ‚gata’), im Grunde ein weitläufiger Begriff, der eben einen Zugang markiert wie heute noch das englische Wort „gate“. Der Begriff hat sich im Laufe der Jahrhunderte „verschoben“ in Richtung eines (verschließbaren) Zugangs (Tor) oder auch eine Begrenzung (Gatter). Er bedeutete ursprünglich „Straße“, womit auch Wasserstraßen bezeichnet worden sind. Straßen wie auch Wasserstraßen wurden häufig durch Schranken, Ketten etc. zwecks Zollerhebung verschlossen, woraus vermutlich die Begriffsverschiebung resultiert. Von „gata“ leitet sich das Wort Gatt ab und ebenso das Wort Gant sowie auch die Bezeichnung „Jade“, was heute nicht mehr auf den ersten Blick erkennbar ist.

Ähnlich verhält es sich mit der angeblichen Namensgebung von Leybucht und Coppersand. Die vertretene Aussage, diese Namensgebung rühre her von der Eindeckung der Kirche mit Kupfer auf der einen bzw. Blei auf der anderen Seite des Kirchendaches, um als Landmarke für Schiffe die Unterscheidung von rechts und links möglich zu machen, muss leider ins Land der Mythen verwiesen werden. Auch hier ist eine Wortbedeutung fehlinterpretiert worden. Korrekt ist: Die Kirchtürme dienten als Landmarke; jedoch nicht die Dacheindeckung, was auch völlig nutzlos und überflüssig gewesen wäre. Kupfer oxydiert rasch zu grün und ist als „Tarnfarbe“ von Ferne kaum noch auszumachen, zumal üblicherweise auf dem Kirchhof Baumbewuchs vorhanden gewesen sein wird. Der Name „Coppersand“ rührt her von dem dortigen Handelplatz (Coper = Käufer); Ley = Blei deutet hin auf graues Watt. Kupfer als Dacheindeckung wäre viel zu wertvoll gewesen, um es auf einem halben(!) Dach zu verschwenden. Die Kirche gehörte zum Lehngut der Häuptlingsfamilie tom Brok, die somit finanziell für Unterhalt und Instandsetzung des Gotteshauses „blutete“. Die späteren dortigen Hafennutzer, die Piraten Störtebeker und Co., sind gewiß hervorragende Seefahrer gewesen, für die solch eine Orientierungshilfe überflüssig war, was ohnehin völlig sinnlos gewesen wäre, da lediglich eine Fahrrinne zum Ankerplatz beim Kirchturm führte; um die Kirche herum konnten keine Segler  fahren. Man hat außerdem auch keinerlei Kupferreste aus dem Kirchenbrand von 1386 gefunden, hingegen jedoch geschmolzenes Blei aus der ehemaligen Dacheindeckung.

Marienhafe_Hafen_MA

Marienhafe Hafen um 1400

Die Befestigung der Kirche „St. Marien“ liegt unter einem Streifen Moorboden auf sandigem Grund (s. Schomerus S. 32 pp.). Dies haben Grabungen ergeben. Dieser Standort deutet darauf hin, dass dort zuvor ein Heiliger Hain auf einem Hügel gewesen sein kann. Das Charakteristikum Heidnischer Heiligtümer war ein „Heiligen Hain“ auf einem Hügel im Verbund mit einer Quelle (Bach). Dies alles war hier zu finden, nämlich Hügel und Bach (heute Kirchenriede) genannt.

Allerdings kann der o. g. Streifen Moorboden auch um das 12. Jh. entstanden sein, als es 150 Jahre lang übermäßig viel geregnet hat und viele Sümpfe entstanden sind. Anwuchs und Lage des Moorstreifens stützen diese Theorie.

Die alte Gaugrenze des Federgaus verlief unterhalb des Flüsschens „Ehe“ nach Freepsum unter Einbezug des Sielmönker Busens (den es damals noch nicht gab). Der Federgau und somit Brokmerland gehörten vor dem Einbruch der Leybucht (838) zur Vogtei Norden. (1288 Fertigstellung der Andreaskirche in Norden – vom Bistum Bremen aus). Das Norderland war Teil des Federgaus. Es gab keine Scheidung und das Norderland gehörte darum zuerst zum Bistum Utrecht und später zum Bistum Münster.

Das Jahr 838 ist ein markantes Datum, ein Jahr mit einer gewaltigen Sturmflut – der Dünengürtel zerriss, es gab viele Tote und enormen Landverlust. Die Verwüstungen durch diese Sturmflut sind heute kaum vorstellbar. Vielleicht mag auch dies zum Kirchenbau geführt haben. Die Leybucht brach ein und das Galgentief bei dem Ort Norden entstand. Nach dem Einbruch der Leybucht war der Federgau unterteilt durch ein Überschwemmungsgebiet. Man rechnet, dass in Friesland mindestens 2.500 Menschen den Tod fanden. Bei einem relativ dünn besiedelten Gebiet wirft das ein Licht auf die Verwüstungen, die die Sturmflut hinterlassen hat.

Der Bischof von Bremen beanspruchte nun das Norderland und drang damit durch. Östringen, Rüstringen, Wangerland, Harlingen, Norderland und ein Teil von Brokmerland gehörten nun zum Bremer Sprengel.Die Sprengel der Bischöfe von Bremen und Münster wurden getrennt bei dem Dorfe Schott, welches von dieser Scheidung vermutlich seine Benennung hat.[Wiarda Bd. 1 S. 103-104]

Das Norderland war Teil des Federgaus und es gehörte darum – wie der ganze Federgau – bevor es Bremen zugeschlagen wurde, zum Bistum Münster.

  • Zu jener Zeit herrschte der Wikinger Harald Klak (*ca. 800 +844 Schlacht von Walcheren / Zeeland) über die Friesen.  Nachfolger von Harald Klak ist dessen Sohn, der Wikinger Gottfried (*ca. 820). 885 wird Gottfried ermordet.885: Gottfrieds Enkel, Göngu-Hrolf (Gangu-Rolf; Rolf der Ganger, Rolf, Robert), als Flottenführer von König Siegfried von Dänemark überfällt Frankreich mit der Wikinger-Flotte. Nachdem Gottfried von Haithabu ermordet worden war, wurde das dänische Königshaus in seiner Eigenschaft als von den Franken in Friesland eingesetzte Herrscher „ausgebootet“, indem die Belehnung an den Grafen von Holland erfolgte (Geschlecht Widukind). Das ganze Friesland (und auch Nieder-Lothringen), mit dem Gottfried belehnt gewesen ist, ging verloren und das war nicht eben wenig, bedenkt man nur den florierenden Handel. Niemand konnte ernsthaft davon ausgehen, dass Gottfrieds Erben sich das kampflos bieten ließen.
  • Die Wikingereinfälle entlang der Küste bis weit ins Landesinnere waren offensichtlich eine Reaktion darauf. Man wollte sich zurückholen, was die Karolinger gestohlen hatten. Für eine Rückeroberung war kein entsprechend großes Heer vorhanden, aber die Politik der Nadelstiche verhalf auch zu Erfolgen und Zugeständnissen der Frankenherrscher. Gottfrieds Enkel Göngu-Hrolf fuhr die Seine hoch, raubte und brandschatzte, stand vor Paris und Karl der Einfältige musste Burgund verpfänden, um das von den Wikingern geforderte Lösegeld zahlen zu können. Schließlich führte Rolfs Invasion in Nordfrankreich (Normandy) dazu, dass er dort als 1. Herzog eingesetzt wurde.

Die Leybucht brach immer weiter ein. Es entstand eine natürliche Grenze durch Überflutungsgebiete, die es vorher nicht gegeben hatte. Man muß sich vorstellen, dass dort von nun an für lange Zeit Ebbe und Flut gingen, da es den Deichbau noch nicht gab. (Erste Deiche wurden um 1000 errichtet.) Bei Flut schauten die Häuser auf den Warften aus der Wasserwüste, bei Sturmflut oft nur die Dächer.

Diese Zustände postulierten geradezu einen neuen Sendbezirk im Brokmerland. Aber erst 1251 kam es zur Bildung der Propstei „Brokmannia“.

„Augustinus-Kirche“ oder „Marien-Kirche“?

Der Dom von „St. Marien“ in Marienhafe ist gem. einer Urkunde vom 2. November 1387 mit dem Namen ‚Augustinuskirche’ bezeichnet worden. Daraus läßt sich der Schluß ziehen, dass die erste Kirche aufgrund des Dekrets von Karl dem Großen (785 war Sachsen unterworfen) gegründet wurde und demzufolge das seinerzeit neu erstellte Kirchengebäude ‚Augustinus-Kirche’ genannt worden ist.

Für diese 1. Kirchengründung um 800 n. Chr. müßte, sofern es eine Volkskirche gewesen ist, eine Hundertschaft in der Nähe ansässig gewesen sein. Upgant ist aber nur eine kleine Bauernschaft gewesen. In solchen Fällen, die ja recht häufig vorkamen, waren die herrschenden Familien per Dekret aufgefordert, Eigenkirchen zu errichten. Vermutlich war dies deshalb eine Eigenkirche, welche auch von der Bevölkerung genutzt wurde.

Es wurde archäologisch festgestellt, dass der Kirchturm der „Marien-Kirche“ nicht von Anbeginn eine Einheit mit der Kirche gebildet hat, sondern später integriert worden ist (3 m starke Mauern). Es hat einen separaten Turm gegeben, der übrigens mehrfach umgebaut worden ist, und ein kleines Kirchengebäude.

Der Turm könnte also ursprünglich auch ein Stinsen (Wohnturm) auf einer kleinen Warf gewesen sein, der dem sog. „Bern“-Geschlecht gehörte, wobei die Kirche dann die Hauskirche gewesen sein wird. Das „Bern“-Geschlecht mag demnach eine gewisse Affinität zum Augustiner-Orden gehabt haben. (Ich komme später darauf zurück. Dom und Turm (der Turm wird ausdrücklich separat genannt) von Marienhafe wurden als Eigentum des Ritters Ocko tom Brok dem Herzog Albrecht von Bayern – Graf von Holland – als Lehngut angetragen, wie aus der Urkunde von 1381 hervorgeht.


Die Zeit des 2. Kirchenbaus deckt sich in etwa mit der Zeit des „Bern-Geschlechts“,  jener Zeit, in der die Komitate Bernhards und seines Bruders Aeidads (Adalbero) mit der Grafschaft im Ems- und Federgau zu identifizieren sind. Somit haben wir hier den Beleg für das „Bern“-Geschlecht, dem Upgant (bei Marienhafe) zinspflichtig gewesen ist. Die Fuldaer Schenkungsurkunde von 945 belegt, dass die Siedlung von Upgant aus Bauern bestanden hat.

Mit „curia“ wurde sowohl ein Probst- oder Abt-Sitz (Kirchenherrensitz) als auch die gräfliche Verwaltung bezeichnet. Dies steht im Zusammenhang mit dem lat. „curtis“ = Hof. Der „curtis regia“ ist der Königshof. – Es ist das „Bern“-Geschlecht an der „Riede“ als „curia“ genannt.

Die Kirche entstand auf der Warft neben der Holzkirche (im heutigen Mittelschiff). Sie war sehr klein und bestand wohl hauptsächlich aus Feldsteinen, die beim späteren Ausbau als Fundament benutzt wurden. Der Lehmfußboden dieser Kirche liegt gut 1 m unter dem Backsteinfußboden. Etwa gleiche Fundamente fand man in der Königspfalz Paderborn.

Der kirchliche Grundbesitz beruhte vorwiegend auf Schenkungen des Adels, der sich Vogteien und Nutzungsrechte vorzubehalten pflegte. Diese „Schenkungen“ aber geschahen häufig nicht freiwillig, sondern unter Berücksichtigung machtpolitischer Kriterien auf Anordnung des Kaisers (z.B. Kaiser Heinrich II.). Bisweilen wurden diese Schenkungen dann vom Nachfolger wieder rückgängig gemacht.

Zur Erinnerung: Bildung der Propstei „Brokmannia“ – urkundl. erst 1251 erwähnt. Der Federgau gehörte zum sächsischen Eigengut wie auch Fivelgau und Hunsegau.


Ritter Nordgiebel

Ritter Nordgiebel

Die große 3. Bauphase war schätzungsweise 1220-1250. In diesem Zusammenhang tut sich eine weitere Möglichkeit der Namensherkunft auf und zwar durch Maria von Brabant. Die Kirche könnte aufgrund der Stiftung der Maria umbenannt worden sein, d.h. der neue Weihename wäre „Marien“-Kirche gewesen. Dem widerspricht aber die Urkunde von 1387, wobei auch schlicht ein Versehen der Curie vorliegen kann, was aber eher unwahrscheinlich ist.

Denkbar ist eine weitere Alternative, wie nachstehend ersichtlich, nämlich abermals aufgrund der Stiftung der Maria von Brabant. Die Bevölkerung hat den Namen der Kirche ursprünglich auf die Stifterin bezogen, was gewissermaßen zu einer doppelten Bedeutung führte. Der Weihename „Augustinus-Kirche“ ging dadurch unter. Im Laufe der Zeit geriet auch die Stifterin in Vergessenheit. Es vollzog sich eine Wandlung zu „St. Marien“.

Möglicherweise sind neben der Stifterfigur 2 weitere Steinbildnisse von Maria von Brabant vorhanden gewesen. Die Zahl „3“ war im Mittelalter eine magische Zahl (Hl. Dreifaltigkeit), die überall Eingang gefunden hat, z. B. bei der Rechtsprechung, wo stets 3 x zur Eröffnung der Verhandlung mit dem Richterstab auf den Tisch geschlagen wurde und bei der Anrede des Richters 3 mal das Wort “Herr“ widerholt wurde etc.

Upgant und Marienhafe liegen rechts und links der „Kerkenriede“ = Kirchenriede, einem Zufluss zur Riede. Das Flüsschen „Riede“ aber entsprang bei dem heutigen Upende, führte von dort direkt an der „Olde Borg vorbei zur Gant, dem ins Land vorgeschobenen Meeresarm. Die Riede verschmolz dann mit der 838 eingebrochenen Leybucht, die sich nach dem ersten Einbruch über die Jahrhunderte hinweg stetig ausdehnte und 1372 noch einmal durch eine heftige Sturmflut gewaltig vergrößert wurde.

Federgau Mittelalter3

In den Brookmer Willküren (Willküren = „freiwillige Gesetze“), 1276 niedergeschrieben, taucht der Begriff „Hof der Maria“ auf. Dieser „Hof der Maria“ wird vorwiegend in Marienhafe vermutet. An sich ist es logischer, dass dieser Hof das heutige Oldeborg gewesen ist. Ein Hof in damaliger Zeit ist ein „Herrenhof“ mit Hofhaltung gewesen, ein sog. „Nobilishof“ und kein simpler Bauernhof, der überdies gar nicht genügend Platz geboten hätte für die Ordensleute und die üppige Anzahl der Bediensteten. Somit ist mit der „Riede“, an welcher der „Hof der Maria“ lag, nicht die Kirchenriede von Marienhafe gemeint, sondern jenes Flüsschen, das an der „Olde Borg“ vorbeiführte. An dieser Riede also residierte das genannte „Bern“-Geschlecht. Mit diesem  „Bern“-Geschlecht kann aber nur das Haus Sachsen gemeint sein, was bedeutet, dass dies vermutlich ein Lehen von Kaiser Otto I. an das Bern-Gechlecht gewesen ist.

Kaiser Ottos Signum2

Signum Kaiser Otto

Diesem „Bern“-Geschlecht, das mit dem sächsischen Pfalzgrafen „Bern“ = Adalbero von Sachsen, Graf in Hessen- und Liesgau (vermutl. Immedinger) gleichzusetzen sein wird, entstammte auch der Heilige Bernward.

Aus der Lebensbeschreibung des Bernward ist bekannt, daß der Pfalzgraf sowohl Söhne als auch Töchter hinterließ. Außer den beiden Töchtern kann mit Sicherheit nur noch Folcmar (Kurzform Poppo) nachgewiesen werden. Die Vita nannte ihn einen avunculus religiosus diaconus Folcmar Bischofs Bernward. Folcmar war höchstwahrscheinlich königlicher Kanzler. Mit großer Wahrscheinlichkeit läßt sich das Diplom von 975, das einen Poppo cancellarius aufführt, auf ihn beziehen. 976 wurde Folcmar zum Bischof von Utrecht geweiht. Er übte sein Amt bis zu seinem Tode am 11. Dezember 991 aus. Die Vita Joh. Gorc. bezeichnete ihn unmittelbar als Sohn des Pfalzgrafen Bern und charakterisierte ihn als pontifex clarissimus atque in grege doctorum admodum celebratus. Thietmar von Merseburg führte ihn als Poppo venerabilis episcopus in seiner Chronik auf.

Im 12. Jh. ist Kaiser Lothar Eigentümer von Friesland (Eigengut der Sachsenherzöge). Seine Halbschwester Petronella (Gertrud), Gräfin von Holland, bekommt 1125 Ostergo und Westergo von Kaiser Lothar zugeschlagen (aus der Regentschaft des Bischofs von Utrecht / Godebald 1112-12./13.11.1127).

Anfang  13. Jh. soll der sog. „Hof der Maria“ dem Prämonstratenser-Orden „geschenkt“ worden sein.

J. G. Schomerus schreibt, daß der Stifter des Doms, einer ominösen Nachricht von 1632 zufolge, einem Nobilisgeschlecht angehörte. (La Serre „Le Tombeau des Délices du Monde“ Das Grab der Freuden der Welt Brüssel 1632 – s. Schomerus „Die Marienkirche von Marienhafe“ S. 11)

Diese Wendung „NobilisGeschlecht“ kann sich nicht auf ein Geschlecht aus dem Niederadel beziehen, sondern bezeichnet ein Haus des Hochadels, denn bei dem genannten „Bern-Geschlecht“ kann es sich nur um die Sachsenherzöge bzw. deren Seitenlinien handeln. (nobilis = bedeutet gelegentlich auch „berühmt“; nobilissimus war der Titel für den kaiserlichen Kronprinzen) Die sozialen Grenzlinien verliefen im 14. Jh. zwischen Hoch und Niederadel, also nobility und gentry, baron und chevalier.[1] „Nobilis deutet ganz klar auf Hochadel hin. Schomerus vermutet eine Namensverwechslung zwischen „Tzerclaes“ (heute „t’Serclaes“ geschrieben = Sohn des Claes) und „Circsena“ (= Circs Sohn). Das mag sicher korrekt sein, dennoch weisen nicht nur die Nachrichten von 1638 (s.u.) darauf hin, dass das Geschlecht der Herzöge von Brabant einst Lehnherren der Grafen von Holland (Brookmerland gehörte dazu) gewesen sind, sondern auch Urkunden pp.

Welches Nobilisgeschlecht kommt in Frage? Gehörte der „Dom von St. Marien“ zum Besitztum der Herzöge von Brabant?

Das kann bestätigt werden, denn „Marienhove“ hat laut Genealogie der t’Serclaes (Graf Tilly – Flandern/Brabant) vormals zu deren Besitzungen gehört.

Nicolaus Rittershusen schreibt dazu im Jahr 1638 im Vorwort seiner Widmung für den Grafen Tilly: „Welche Dienste haben nicht auch deren Nachkommen Karl d. Gr. geleistet? Die diesbezügliche Bedeutung ist immer auch bemerkenswert gewesen, wie die große Zahl von Landbesitz in Ostfriesland anzeigt, womit sie sich durch das Geschenk dieses großen Monarchen belohnt gewusst haben, wie von Marienhove, wo eure Ahnen begraben sind (tatsächlich gab es im Dom eine Grabstätte), oder um es besser zu sagen, wo sie sich noch einmal Unsterbliches geleistet haben, indem sie eben diesen Landbesitz dem heiligen Norbert schenkten“.  Somit waren zu jener Zeit die Vorgänge noch halbwegs bekannt. In dieser Beziehung Lügen aufzutischen, das wäre dem Nikolaus Rittershusen übel bekommen. Aber hinsichtlich der hist. Vorgänge um und mit Karl d. Gr. sind m. E. einige Dinge durcheinander geraten, 814 gab Ludwig der Fromme den Friesen das ‚ius (das Recht) paternae (väterlich) hereditatis‚ (Erbschaft) zurück, welches sie unter Karl d. Gr. (+814) wegen ihrer „Treulosigkeit“ verloren hatten. Dieses frs. Gebiet gehörte ursprünglich zum sächsischen Eigengut, welches als Lehen an Brabant bzw. als Afterlehen an Holland vergeben war (durch polit. Gegebenheiten traten hier zwischenzeitlich Veränderungen ein).

– Ist aber wirklich ein „Geschenk“ des Hauses Brabant an die Prämonstratenser gemeint oder aber ist dieser Ausdruck lediglich ein Synomym für eine Widmung, die Gewährung einer Gnade, für die Erlaubnis, das Land zu nutzen und dort die Kirche ausbauen und ein Kloster errichten zu dürfen? Diese Redewendung kennen wir ja heutzutage auch noch, z. B. als großzügige Gnade Gottes. (Wenn wir „über den großen Teich gehen“, dann „gehen“ wir auch nicht, sondern nehmen Schiff oder Flugzeug in Anspruch.)

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Norbert von Xanten

– Ist Norbert persönlich gemeint oder der Prämonstratenser-Orden? Die Aussage von Rittershusen verwischt die Begebenheiten etwas, denn die sprachliche Wendung „…dem Heiligen Norbert schenken…“ war üblich und meinte tatsächlich den Orden und nicht die Person des Norbert. Insofern kann der Zeitpunkt dieses Geschehens nicht mit Hilfe von Norberts Lebensdaten eingegrenzt werden. Wenn Maria von Brabant die Herrin des Anwesens gewesen ist, kann der „Hof der Maria“ dem Prämonstratenser-Orden auf keinen Fall zur Lebenszeit von Norbert gestiftet worden sein. Zweifelsfrei bezieht sich diese Aussage von Rittershusen auf den Prämonstratenser-Orden, der um 1120 von Norbert von Xanten gegründet wurde. 1134 starb Norbert von Xanten und wurde erst 1582 heilig gesprochen.

Eine in Betracht kommende „Maria“ als Namensgeberin des „Hofes der Maria“ ist während der Zeit des Lebensweges von Norbert nicht zu ermitteln, es sei denn, man bezieht sich auf die „Jungfrau Maria“ und stuft das Anwesen als zur „Marien„-Kirche von Marienhafe zugehörig ein, obwohl diese Kirche offenbar „Augustinus„-Kirche hieß. Wendet man also diesen Winkelzug an, dann wäre der „Hof der Maria“ jedoch Kirchengut gewesen, was widerum bedeuten würde, dass er kaum den Prämonstratensern geschenkt worden sein wird. Üblich waren Schenkungen des Adels an die Kirche bzw. deren Orden, die Kirche verschenkte definitiv kein Land an ihre  Orden; dies wäre auch widersinnig und konträr zu den Armutsgeboten der Orden.

Überdies schreibt Rittershusen ja, dass die Vorfahren des Grafen Tilly den Besitz geschenkt hätten, was ohnehin die kath. Kirche als „Gönner“ ausschließen würde.  – Graf Tilly entstammte bekannterweise dem Grafen/Herzogshaus Flandern/Brabant! (s. Beitrag Stammtafel Tilly) Somit treffen wir abermals auf „Maria von Brabant“ als mögliche Stifterin.


Eine – vielleicht abenteuerliche – Überlegung möchte ich ergänzen: Ich hege starken Zweifel an einer wirklichen „Schenkung„. Lag tatsächlich eine Schenkung vor oder nur eine zeitweise Überlassung? Es könnte sich bei der Aussiedlung des Convents ebensogut um eine Strafmaßnahme gehandelt haben, weswegen der Konvent auch kein neues bzw. ordentliches Kloster zugewiesen bekam. Ein eigenes Kloster hätten die Konventsmitglieder mit ihren Hilfskräften in weniger als 5 Jahren aufbauen können! Das Haus Brabant hat viele Klöser gestiftet. Warum bekam dieser Konvent lediglich einen alten Nobilis-Hof zugewiesen? Evtl. kann man davon ausgehen, dass die Hilfsarbeiten am „Dom von St. Marien“, die vom Konvent geleistet wurden, zu  (durchaus üblichen) „Strafmaßnahmen“ gehörten.

Wenn Kene („Keno“ = vermutl. Lateinisierung = Singular von Kennen = Königsrichter) von Norden nach Abzug des Konvents diesen sog. „Hof der Maria“, die spätere Kennenburg, erhielt, dann hat er damit auch die richterliche Gewalt des Grafenhofes für die Provinz übernommen, falls er diese nicht ohnehin schon besaß, weil Brokmerland zur Vogtei Norden gehörte, verbunden mit dem Münzrecht, welches an der Belegenheit haftete. Somit scheint es mehr als zweifelhaft, dass der Konvent den Nobilis-Hof geschenkt bekommen hat. Größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Anwesen lediglich zur Nutzung (Nießbrauch) überlassen wurde. Wie hätte ein Konvent das an der Belegenheit haftende Blutgericht durchführen sollen? Wie Gerichtsbarkeit üben ohne entspr. juristisches Wissen? Auch im Mittelalter genossen Juristen eine ordentliche Ausbildung. – Münzrecht für einen Konvent? Das wäre ein Novum. – Die (u.a. aufgrund von arch. Ausgrabungen an der Kirche) geschätzte Zeitspanne von rd. 30 Ausbau-Jahren (3. Bauphase des Doms – ca. 1220-1250) ist insofern bemerkenswert, als dies durchaus auch ein Zeitraum von mehr als 30 Jahren gewesen sein könnte. (40 Jahre wanderte Moses durch die Wüste. – Man nahm im Mittelalter oft auf derartige Ereignisse Bezug.) Als das neue Kloster Aland endlich bezogen wurde, sind (gemessen an der geringen Lebenserwartung der Menschen jener Zeit) die meisten Mitglieder der anfänglichen klösterlichen Gemeinschaft bereits verstorben gewesen. Das deutet auf einen eklatanten Fall von Strafversetzung und Neubeginn!


Die Grafen von Flandern bekamen (im 7. Jh. das Gebiet von Brügge und Sluis) gegen Ende des 9. Jh. den gesamten Küstenstrich bis nach Bononia als Mark verliehen, um das Gebiet gegen die Normannen zu schützen. Der erste Markgraf war Balduin I. Eisenarm (+879), ein westfränkischer Ritter aus Laon. Balduin Eisenarm entführte keck die Tochter Kaiser Karls des Kahlen, Judith.  Er erhielt dennoch oder gerade deswegen 862 die Mark Flandern als Lehen vom Kaiser.

Microsoft Word - Dokument1

Bononia – Wikipedia, the free encyclopedia

Das Haus Flandern/Brabant besitzt eine tiefreichende Tradition bezüglich der Kreuzzüge:

Der 2. Sohn des Grafen Eustach II. von Boulogne und der Ida, Tochter von Herzog Gottfried III. von Niederlothringen, war Gottfried von Brabant, Herzog von Niederlothringen, Eroberer und Beschützer des Hl. Grabes im 1. Kreuzzug 1099. – Nachdem Raimund von Toulouse die Königskrone von Jerusalem abgelehnt hatte, ließ Gottfried sich – anstelle der Königswürde von Jerusalem – den Titel eines advocatus sancti sepulchri, eines „Beschützers des Heiligen Grabes“ verleihen.

Diesem Gottfried von Bouillon (der Beiname rührt von der Burg Bouillon, welche er erobert hat) folgte nach nur 1 Herrschaftsjahr Balduin von Boulogne, Graf von Verdun (+2. April 1118), von 1098 bis 1100 Graf von Edessa und von 1100 bis 1118 König von Jerusalem. (Seine Grafschaft rührt aus Boulogne-sur-Mer am Ärmelkanal her.)

Gottfried von Boullion

Gottfried von Bouillon  von Giacomo Jaquerio, 1418-1430 Schloss Manta, Saluzzo/Italien

Balduin I., König von Jerusalem, war der Onkel von BALDUIN II. (+21.8. 1131) Letzterer wurde von Balduin I. 1100 zu dessen Nachfolger in Edessa ernannt. Balduin II. wurde nach dem Tode seines Onkels am 14.4. 1118 zum König von Jerusalem gekrönt.  Sein Nachfolger wurde sein Schwiegersohn Fulko Graf von Anjou.[3]

König Balduin II. von Jerusalem arrangierte 1127 eine Ehe seiner ältesten Tochter und Erbin Melisinde mit Graf Fulko von Anjou. Fulko überließ sein geordnetes Erbe seinem ältesten Sohn und wurde König von Jerusalem. – Fulko schloß Frieden mit den Normannen und verheiratete seine Tochter Alice (Isabelle) mit König Heinrichs Erben William Atheling. Dieser Friede überdauerte den frühen Tod des Atheling (1120)  und mündete schließlich 1128 in dem Ehebund der Erbtochter Heinrichs, Mathilde (Maud), mit Fulkos Erbsohn Gottfried.

Die Wahl zum 1. Kaiser von Byzanz (Konstantinopel – Lat. Kaiserreich) (nach der Eroberung durch die Kreuzfahrer April 1204) fiel auf Graf Balduin IX. aus dem Hause Flandern!(*1171 + 11.7.1205) Balduin nahm 1199 das Kreuz; er war verh. mit Marie von Blois-Champagne Gräfin von Flandern und Hennegau – Lat. Kaiserin (*ca. 1174 +29.8.1204 in Akkon) –  Marie war die jüngere Tochter des Grafen Heinrich I. von Blois-Champagne und der Marie von Frankreich, Tochter von König Ludwig VII.

Balduins Bruder Heinrich nahm ebenfalls am Kreuzzug teil, nebst vielen von Adel aus Flandern und Hennegau, namentlich auch Dietrich, ein natürlicher Sohn des früher verstorbenen Grafen Philipp von Flandern. Philipp, aus dem Hause Elsaß, war der zweite Sohn aus der 1134 geschlossenen Ehe des Grafen Dietrich (von Flandern) mit Sibylle, der Tochter des Grafen Fulko V. von Anjou,  Nachfolger von Balduin II im Amt des Königs von Jerusalem (+1144).

Kaiser Balduins Tochter Margarete II (+1280), Gräfin von Flandern und Hennegau heiratet Guillaume II., Herr von Dampierre

deren Sohn Guillaume III., Herr von Kortrijk, wird als Wilhelm II. Mitregent in Flandern und heiratet Beatrix von Brabant (+1288) Tochter von Heinrich II., Herzog von Brabant; sie ist die Witwe von Heinrich Raspe, Landgraf von Thüringen und Römisch-deutscher König

der 2. Sohn von Balduins Tochter Margarete II. ist Guido (Guy), Markgraf von Namur, Graf von Flandern (+1305) heiratet in 1. Ehe Mathilde de Béthune, Tochter von Robert VII., Erbin von Béthune, Dendermonde etc.; und in 2.Ehe Isabella von Luxemburg, Tochter von Heinrich V. Graf von Luxemburg

2. deren Sohn (I) Robert de Béthune (+1322), Graf von Nevers und Flandern, heiratet Blanche d’Anjou (+1269), Tochter von Karl von Anjou, König von Neapel und Sizilien; und in 2. Ehe Jolanthe (Yolande), +1280, Gräfin von Nevers, Auxerre und Tonnerre, Tochter von Odo, Erbherzog von Burgund (älteres Haus Burgund)[2]

  • Anm: Die dt. Übersetzung für Guillaume ist Wilhelm  / Markgrafen führten den Adler als Siegel. Der Adler als Symbol des ehem. röm. Reiches blieb nach seiner Wiederbelebung durch Karl d. Gr. das Symbol weltlicher Herrschaft, an deren Spitze der Kaiser stand. Das galt auch, nachdem der Doppeladler das kaiserl. Emblem wurde. Ein Kranz von Adlerwappen deutet darauf hin, dass sich das Reich gegen Osten erweiterte und durch Markgrafen gesichert wurde. Der Löwe bringt die partikularen Interessen der Landesfürsten zum Ausdruck. Es liegt aufgrund des Adler-Wappens die Vermutung nahe, dass die „tom Brok“ Abkömmlinge der Markgrafen von Antwerpen sind.

  • Dass dieser Aufstieg Auswirkungen auf die ganze Familie hatte – noch über Jahrhunderte hinweg sogar – wird niemand leugnen: Und so finden wir im Hause Brabant auch das Haus Anjou vertreten und natürlich die Kaiserin Maria, Witwe von Kaiser Otto IV.
  • Graf Willem I von Holland, heiratet 1220 die Witwe von Kaiser Otto IV. Maria von Brabant. Sie ist die Tochter von Herzog Heinrich I. von Brabant.
  • Heinrich I. von Brabant spielte 1197 auf dem 3. Kreuzzug eine gewichtige Rolle als Oberbefehlshaber und war 1214 bei Bouvines Verbündeter von Kaiser Otto IV, seinem Schwiegersohn. Er zog 1217/18 mit gegen Ägypten und nahm an der Schlacht um Damiette (Web-Rubrik „Dom von St. Marien“ – siehe dort) teil. Er unterstützte in Holland Graf Wilhelm I. und wurde 1222 nach dessen Tod Mitregent in Holland.
  • Just in diese Zeit fällt die Erweiterung der Kirche durch die Prämonstratenser zum Dom.

Man mag auf den Gedanken kommen, dass – schaut man auf die Kirchen- und Klostergründungen – hier jemand vorgehabt hat, ein neues Zentrum, zu erschaffen. Kaiser Otto IV? Nachdem Friedrich II. Kaiser Otto IV den Thron streitig gemacht hatte, mochte solch ehrgeizigem Vorhaben Ottos IV (+19.5.1218) ein vorzeitges Ende gesetzt worden sein. Fakt ist aber, dass Klostergründungen und Kirchenbauten fortgesetzt worden sind.[5]

Es sind nachweislich Bauhütten aus dem sächsischen Raum bei dem sog. „Dom von St. Marien“ tätig gewesen. Der Baustil lehnte sich durch das Kloster Fulda an den burgundischen (Brabant), clunyziensischen Baustil an. Dies deutet auf Einflußnahme der Häuser Brabant und Sachsen (Kaiser Otto IV.). Auch sind Verbindungen anhand der Friesmotive (Tiermotive / Tympanon) nach Groningen und Maastricht nachweisbar.

Kann der Prämonstratenser Konvent die enormen Kosten getragen haben? Hat er lediglich eine Anzahl der Arbeitskräfte gestellt? – Vermutlich hat es reiche Stifter gegeben. Wenn aber der „Nobilis-Hof der Maria“ ein großes Anwesen – eine Residenz –  gewesen ist, das mit sämtlichen Einnahmen (Zehnten etc.) übereignet worden ist, so könnte es möglich sein, dass ein Teil der Kosten tatsächlich vom Konvent und seinen Mitgliedern erbracht worden ist.

Der „Hof der Maria“ wurde von den Prämonstratensen um 1247 veräußert, um das Kloster Aland zu errichten, heißt es. Es ist nicht überliefert, in wessen Besitz der Hof mit seinen Länderein übergegangen ist, jedoch wird in den Annalen erwähnt, dass der Konsul Kene (Keno) von Norden Inhaber eines Gerichtshofes bei Utengrahove war. Somit ist denkbar, dass der „Erwerber“ des „Nobilis-Hofes der Maria“ ein Richter aus dem Geschlecht der „tom Brok“ gewesen ist; denn ein Richter muss es gewesen sein, der einen Gerichtshof erwarb, da stets an der Immobilie die Erlaubnis zur Ausübung des Amtes festgemacht war. (Die Erlaubnis zum Brauen von Bier oder zur selbständigen Ausübung eines anderen Handwerkes hing stets am jeweiligen Gebäude, ebenso auch die Gerichtsbarkeit.) Engerhafe wurde früher Ut’ngrahove = außerhalb des Grafenhofes genannt; es gehörte also nicht zum Grafenhof, sondern zur Diözese Münster. Darum ist die Annahme, dass Kenes Richterhof zuvor ein Grafenhof gewesen ist, sehr wahrscheinlich, zumal Grafen in der Hierarchie die obere Gerichtsgewalt besaßen. Da Kene kein Graf war, wurde der Richterhof umbenannt zur Kennenburg. Möglich, dass Kene der nachgeborene Sohn eines Grafen gewesen ist, aber eben nicht Inhaber des Grafentitels. – Das Anwesen wird relativ preiswert gewesen sein, denn Brokmerland war überwiegend „Wüstenei“ und noch kein Sendbezirk, der erst 4 Jahre danach, 1251, gegründet wurde.

Ob diese Residenz tatsächlich gekauft wurde? Es  kann sich stattdessen auch um ein im Mittelalter durchaus übliches Tauschgeschäft gehandelt haben – z. B. die Insel Aland gegen die Residenz, denn Aland liegt praktisch „vor der Tür“ von Norden und gehörte noch zu der von Kene von Norden verwalteten Vogtei. Der Vogt von Norden unterstand dem Grafen von Holland, zu dessen Lehngut die Region zählte. – Kann man sich überhaupt vorstellen, dass jemand anders als ein Familienangehöriger des zuständigen Fürstenhauses den Gerichtshof erwerben konnte, geschweige denn die ausgebaute Kirche??? In einem „Familienunternehmen“ kann nur aufsteigen, wer zur Familie gehört!

Könnte eine (verwandtschaftliche) Linie des Geschlechtes Brabant zu den „tom Brok“ bestanden haben, die in den Besitz des Gerichtshofes gelangten? Das bleibt unter Beweis zu stellen. Damit ließe sich zumindest die „eigenartige“ Beziehung der „tom Brok“ zum Hause Anjou von Neapel erklären und die großen Ehren, die Ritter Ocko dort zuteil geworden sind.

  • Die spätere „Olde Borg“ wird zum Stammsitz der tom Brok. Ferner gehörte auch der „Dom“ den „tom Brok“. Kirche und Turm von Marienhafe wurden als Eigentum von Ritter Ocko tom Brok I. dem Herzog Albrecht von Bayern – Graf von Holland – als Lehngut aufgetragen, wie aus der Urkunde von 1381 hervorgeht.
  • Um 1250 wird Kene (Keno) in Norden genannt. Die Familie war sehr wohlhabend und besaß u. a. Kirche und Burg in Norden (Burg 1285 errichtet).  Kene  (+ 1309/10), vererbt seinem Sohn Hilmer einen Gerichtshof bei Utengrahove (heute: Engerhafe). Dieser „Redgerhof“ ist vermutlich identisch mit jenem von den Prämonstratensern abgegebenen „Hof der Maria“, denn es gab nur wenige Gerichtsstätten – gut verteilt – in dem dünn besiedelten Land. Gerichtsstätten, wozu auch das „Blutgericht“ gehörte, gab es außerdem in Norden und Greetsiel, hinzu kamen kirchliche Sendgerichte, deren Gerichtsbarkeit ebenfalls den Königsrichtern übertragen war. – Häuptlinge wurden gewählt, aber diese Ämter waren erblich.
  • Landesherren planten Besiedlungen ihrer „Wüsteneien“ zumeist mit Steuererlass für die Siedler für einen Zeitraum von ca. 5 Jahren oder länger. Dies wird auch für die Besiedlung von „Brokmannia“ (Brokmerland) der Fall gewesen sein. Diese Vorgehensweise war auch für die Institution der Kirche usus.
  • Wie es den Anschein hat, wurde die Kirche 1247 ebenfalls „übertragen“, wobei es schwer vorstellbar ist, dass der Konvent die Kirche wirklich geschenkt bekommen hatte. Somit kann es sich tatsächlich um einen damals üblichen Landtausch gehandelt haben – Aland gegen den „Hof der Maria“ – vielleicht sogar zzgl. eines Ausgleiches für die von den Männern und Frauen am Dom geleistete Arbeit, wodurch dann auch die Gebäude der neuen Klosteranlage auf Aland finanziert werden konnten. Folglich eine für beide Seiten geschickte Transaktion, bei welcher – das ist relevant – der Kaiser draußen vor war. Dennoch scheint die Relation zwischen der ausgebauten Kirche (eine Zeit lang größtes Bauwerk zwischen Weser und Ems) und der relativ kleinen Insel Aland, selbst wenn dort einige Häuser gestanden haben mögen, zu ungleich, um annehmen zu können, dass die Legende von dem faktischen Verkauf des Domes zwecks Erwerb der Insel Aland zutrifft. Es ist wohl eher anzunehmen, dass ein Tausch mit entsprechenden Zuzahlungen sowie Steuererlass von Seiten des „Kirchen-Erwerbers“ stattgefunden hat, wie dies häufig praktiziert wurde. Andererseits kennen wir weder den Zustand der Kirche bei Übernahme durch die „tom Brok“ noch wissen wir, welche Baumaßnahmen die „tom Brok“ auf eigene Kosten durchführen ließen.
  • Die Insel Aland ist eigentlich Festland gewesen, entstanden beim Einbruch der Leybucht, durch Sturmfluten abgetrennt. Aland lag im Grunde genommen im Landesinneren. Es handelte sich also nicht um eine Wüstenei, sondern um kultiviertes Ackerland, das wohl seinen Preis hatte, obschon es dort Sturmflutschäden und auch versumpftes Land gegeben haben mag. Immerhin hat der Ausbau der Kirche von Marienhafe ca. 30 Jahre in Anspruch genommen, in der sich gewisse Sturmflutschäden (z. B. Versalzung) auf natürliche Art abbauen.

Fazit: Es kann begründet angenommen werden, dass das Haus Brabant bzw. das holländische Grafenhaus um 1220 den sog. „Hof der Maria“ sowie die Kirche von Marienhafe dem Konvent der Prämonstratenser zum Nießbrauch  überlassen hat. Darüber hinaus vertrete ich den Standpunkt, dass es sich bei dem „Hof der Maria“ und der „Olde Borg“ um ein- und dasselbe Anwesen handelt.

Ich weiß, das ist nicht nur umwälzend, sondern stellt auch viele hist. Abhandlungen in Frage. Das ist nicht unbeabsichtigt, denn bei diesen Beiträgen wird häufig zitiert, ohne auf eigene Untersuchungen zurückzugreifen. Das aber ist notwendig, weil sich im Laufe der Jahrhunderte Fehlinterpretationen eingeschlichen haben können. Das beginnt schon vor Eggerik Beninga und setzt sich fort durch die ganze Geschichtsschreibung.

Als Beispiel möchte ich nur den „Welthafen“ Heraklion ins Gedächtnis rufen, jenen ägyptischen Hafen, der im Meer versunken ist. Kürzlich ist man durch Tauchgänge fündig geworden und hat anhand einer aufgefundenen Stele festgestellt, dass dieser berühmte Hafen zuvor das ebenso berühmte Kanopus gewesen ist. Zwei berühmte Namen = ein- und derselbe Ort! Es gibt etliche ähnliche Beispiele. Was also spricht dagegen, dass es mit dem sogenannten „Hof der Maria“ bzw. der „Olde Borg“ die gleiche Bewandtnis hat?


Haben wir es bei der „Olde Borg“ mit einer Landpfalz zu tun?

Der Begriff „Pfalz“, abgeleitet aus dem lateinischen palatium, bezeichnet eine Anlage, die im Mittelalter den Königen als zeitweilige Hofstätte diente. Pfalzen sind als commoditas itineris et apparatus regiae mansionis, als ,,Erleichterung der Reise und Zurüstung für den Aufenthalt“ schon seit den merowingischen Herrschern fester Bestandteil des mittelalterlichen Regierungsapparats. Erst nach dem Interregnum wurden feste Regierungssitze gebräuchlich. Pfalzbauten wurden von 760/70 (Pippin der Jüngere) bis etwa 1240 (Friedrich II.) errichtet.[1]

Pfalzen gehörten zum Krongut und wurden im Abstand einer Wegstrecke von ca. 30 km errichtet. Coevorden wäre die nächstgelegene Burg mit einem Burggrafen.

Im 11. / 12. Jahrhundert entstand das Gastungsrecht, welches die Reichskirche verpflichtete, den König und seinen Troß in der Zeit seiner Anwesenheit zu beherbergen. Um dieser Verpflichtung nachkommen zu können, mussten entsprechende Unterkünfte vorgehalten werden sowie auch die Möglichkeit zur Tagung in einer großen Halle.

Die „Olde Borg“ wird keine derartige Halle gehabt haben und auf dem Burggelände auch keinen Platz zum Bau einer solchen, weswegen die Kirche ausgebaut wurde. Der Federgau liegt am Ende des Reiches – weit ab. Deswegen wird es dort keine Eile gehabt haben, dem Gastungsrecht Genüge zu tun. Als aber Kaiser Otto IV. (1218+) eng mit dem Hause Brabant (Gemahlin Maria v. Brabant) verbunden war, mag sich das geändert haben, da der Federgau zu Holland gehörte und der Graf von Holland dem Herzog von Brabant unterstand, dem Vater der Kaiserin.

Es werden also mehrere Gründe zum Ausbau der Kirche von „St. Marien“ geführt haben (damals noch Augustinus-Kirche genannt). Nachfolgende Kriterien können als schlüssige Beweggründe angesehen werden:

1) Ausbau wegen des gesetzlichen Gastungsrechts

2) Das „runde“ Jahr 1200 bietet Anlaß.

3) Der Ruhm der Friesen anlässlich des Kreuzzuges von 1217,

4) Vorbereitungen zum Kreuzzug (Kaiser Otto IV plante einen eigenen Kreuzzug),

5) die glückliche Heimkehr von Graf Wilhelm I von Holland aus dem Kreuzzug von 1217,

6) die Eheschließung (1220) zwischen Maria von Brabant und Graf Wilhelm I. von Holland.

7) Die späteren Kreuzzüge unter Teilnahme der Friesen mögen dann nachfolgend ebenfalls ihren Niederschlag im Ausbau der Kirche gefunden haben.

Es entzieht sich unserer Kenntnis, ob nach dem Ausbau der Kirche jemals ein König den Weg hierher genommen hat, dennoch mussten entsprechende Anlagen vorgehalten werden, um nicht nur Herrscher und Gefolge unterbringen und versorgen zu können, sondern auch all jene hochgestellten Persönlichkeiten, die zusätzlich anreisten. Hierfür wurden ebenfalls die in der Umgebung liegenden Klöster als Herbergen genutzt.

Landpfalzen kamen am häufigsten vor. Sie bestanden in der Regel aus einem in Eigenwirtschaft stehenden Hof, welcher der Versorgung des Herrschers und seines Gefolges diente, weiterhin aus einer Halle (aula regia) für Versammlungen, die Rechtsprechung und Synoden ermöglichte, sowie einem Wohngebäude und der Kirche. Seit dem 9. Jh. wurden Wehrmauern errichtet.

Bei Königspfalzen schlossen sich den königlichen Gebäuden weitere Bauten an, z. B. Klöster, Häuser des höheren Adels oder auch Vertretungen ausländischer Herrscher.

Die Eigenproduktion des Wirtschaftshofes sowie darüberhinaus die Abgaben der umliegenden Landschaften[2] dienten zur Versorgung.
Die Pfalz wurde von einem Palzgrafen (auch Burggrafen) regiert. Es muß zwischen Pfalz und Königshof getrennt werden. Während die Pfalz für Reichsversammlungen und Synoden Verwendung fand, war der Königshof ein Gut im Besitz des Herrschers, das gelegentlich als Übernachtungsstätte auf der Durchreise diente.[3]

Beim “Hof der Maria“ wird es sich um eine Burganlage mit den dazugehörigen Ländereien gehandelt haben.

(Anm.: Im übrigen wurden von Oldeborger Anwohnern in der näheren Umgebung der geschleiften „Olde Burg“ sehr viele Ziegelsteine im Klosterformat gefunden. Die ortsbeschränkte Anhäufung  dieser Steine auf bestimmte Gebiete läßt auf eine vormalige Burgmauer schließen.)

Zur Erinnerung: Das sächsische Gebiet des Federgaus (und somit Brokmerland) zählte um 1200 zur Grafschaft Holland. Dem Herzog von Brabant unterstanden die Grafschaften von Flandern, Geldern und Holland!

Lit.: [1] G. Binding: Deutsche Kaiserpfalzen, S. 7; [2] 4 ebenda sowie O. Piper: Burgenkunde, S. 123 ff; [3] vgl. allg. M. Gockel, Karolingische Königshöfe am Mittelrhein


3. Bauphase um 1220 – Dom von St. Marien

Hierzu gehört die angebliche Schenkung des „Hofes der Maria“ an den Prämonstratenser-Orden. Das Kloster Aland, welches die Prämonstratenser später bezogen haben, soll durch das Kloster Steinfeld (Nordeifel / Grafschaft Jülich) gegründet und belegt worden sein. Das heißt zwar, dass jene Prämonstratenser, die nach Brokmerland eingewandert sind, von der Abtei Steinfeld dorthin geschickt worden sind. Aus welchem Kloster sie jedoch tatsächlich kamen, müsste noch ermittelt werden, denn Steinfeld hatte zahlreiche Tochterklöster. Steinfeld zählte zu den bedeutendsten Klöstern im deutschen Reich. 1130 übernahm es die Regeln des Prämonstratenserordens.

In diesem Zusammenhang ist Gottfried von Cuyk († nach 1168)  Burggraf von Utrecht und seit 1132 Graf von Werl-Arnsberg interessant. – Arnsberg war im Besitz der Grafen von Werl. Die Grafschaft Arnsberg entstand im 11. Jahrhundert durch Übersiedlung der Grafen von Werl nach Arnsberg  Gottfried von Cuyk war der Sohn von Hermann von Malsen, Graf von Cuyk und dessen Frau Ida, (möglicherweise ist diese Frau Ida de Boulogne gewesen), er ist unter anderem Kanoniker im Prämonstratenserkloster Steinfeld gewesen. Es besteht also der Strang zum Grafengeschlecht von Werl.  Das Wappen des Geschlechts Werl-Arnsberg ist im übrigen ein gleicher Adler wie jener der „tom Brok“, was eine entsprechende Abstammung implizieren könnte. Hierzu fehlt bislang noch ein stichhaltiger Nachweis. Unklar ist, welcher Zweig derer von Werl in Frage kommt.

Anm.: Ich bin der Überzeugung, dass der Norder Vogt und Richter Keno das Anwesen, den „Hof der Maria“ von Brabant übernommen hat (ca. 1247), denn das erklärt nicht nur die starke Bindung der „tom Brok“ zum Prämonstratenser-Orden! Diese Bindung zu den Prämonstratensern trat besonders stark hervor in den Kriegen der Groninger Schieringer (Zisterzienser) gegen die Vetkoper (Prämonstratenser) um 1400. Es erklärt u.U. auch das Adler-Wappen der „tom Brok“ als Nachkommen derer von Werl sowie auch die Ernennung des Keno zum Vogt des Reiderlandes durch Karl von Anjou, denn Besitzungen der Grafen von Werl hatte es  jenseits der Ems ohnehin gegeben. – Andererseits gab es 1246, also ca. 100 Jahre nach dem Grafen Gottfried von Cuyk, bei den Arnsberger Grafen auch eine relevante Verquickung zum Zisterzienserorden, denn  Gottfried III. von Arnsberg  gründete 1246 das Zisterzienserinnenkloster Himmelpforten im Möhnetal.

Tochtergründungen von Steinfeld erfolgten in Irland, Holland, Deutschland und vor allem im Osten des Reiches. Auch in Tschechien gab es von Steinfeld besiedelte Klöster, z. B.: Kloster Strahov in Prag wurde von Steinfeld aus besiedelt. Mit Zustimmung des Prager Bischofs Daniel I wurde das Kloster Želiv 1148–1149 mit Prämonstratenser-Chorherren aus dem Kloster Steinfeld besiedelt, aus deren Reihen auch der erste Abt Gottschalk kam. Schon bald wurden von Želiv aus weitere Klosterniederlassungen gegründet. Es waren die Männerklöster Geras (1153) und Mühlhausen (1187) sowie die Frauenklöster Launiowitz (1149/1150), Pernegg (1153) und Kloster Rosa Coeli in Kanitz (1181), deren erste Chorfrauen ebenfalls aus Steinfeld kamen.

1184 wurde Steinfeld zur Abtei erhoben, in der 44 Äbte in ununterbrochener Reihenfolge regierten. Dem Frieden und Wohlstand im Kloster Steinfeld folgen im 13. Jahrhundert Unruhe, Krieg. Mißernten, Hungersnot und Pest kamen über das Land. Steinfeld war gezwungen, manche seiner Liegenschaften zu opfern, um der Not zu wehren. Die finanzielle und wirtschaftliche Not und eine damit verbundene innere Zerrüttung stiegen so hoch, daß in 47 Jahren sechs Äbte residieren und wieder resignieren.

Im 12. Jh. bis hinein ins 13. Jh. gab es eine 150 Jahre währende „Regenzeit“ mit den verheerenden Folgen von Hungersnöten und versumpfendem Ackerland. Insofern lässt sich annehmen, dass dieses Übel der Versumpfung auch die Ländereien des „Hofes der Maria“ betraf. Immer wieder wird auch von großen Sturmfluten berichtet, so z. B. 1155, 1164 und 1170 mit immensem Schaden im Norden; die Zuiderzee entstand. Diese Katastrophen dürften gleichfalls große Auswirkungen auf Kirchenbau und Klöster gehabt haben.

Dies mag u. U. ein Grund für die Aussiedlung von Ordensmitgliedern ins Brokmerland gewesen sein. Diese werden aus Tochterklöstern von Steinfeld gekommen sein, evtl. sogar aus Westfriesland, wo ein heftiger Ordensstreit herrschte, weil die dort üblichen Doppelklöster in einen heiklen Ruch geraten waren und eine Trennung von Nonnen und Mönchen verlangt wurde. – Die Klosterstifter, die gewiss auch das Patronat inne hatten, wären somit in der Pflicht gewesen, tätige Unterstützung zu leisten.

Die „ausgewanderten“ Prämonstratenser müssen ebenfalls wohlwollende Unterstützung durch den Landesherrn (Wer das gewesen ist? Vermutlich der mächtige Kriegsheld Graf Wilhelm IV. von Jülich, weil Steinfeld in der Grafschaft Jülich liegt) und auch durch den Erzbischof von Bremen genossen haben, zu dessen Diözese Marienhafe sowie auch Aland gehörte (Mutterkloster Fulda – Bistum Bremen), denn ohne diese lief nichts. Und siehe da, wir stoßen schon wieder auf die Herzogsfamilie von Brabant, wie nachstehend zu entnehmen ist:

  • Graf Wilhelms IV. erste Gemahlin Margarete war die Tochter von Gerhard IV. (*um 1185, †22.10.1229), Graf von Geldern 1207-22.10.1229 aus dessen Ehe mit Margareta von Brabant (†05.05. oder 21.09.1231), Tochter des Herzogs Heinrich I. von Brabant (†1225) und der Maria von Flandern-Boulogne (*1198, †1223/24). Diese war eine Schwester der Maria von Brabant (1191-1260), die 1214 Kaiser Otto IV. (1198-1218) heiratete.
  • Graf Wilhelm lV. von Jülich erbte 1219 den Machtbereich der Grafschaft Jülich zusammen mit der Grafschaft Heimbach. Graf Wilhelm IV. von Jülich oo Margareta (†vor 1251) und in zweiter Ehe Ricarda von Geldern († 1293/98).
  • 1242 rüstete der Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden zum Krieg gegen den Kaiser, der dabei aber offenbar Wilhelm lV. von Jülich stark unterschätzt hatte. Dieser erklärte sich kaisertreu und zog gegen die Kölner ins Feld. Es kam 1242 zur Schlacht zwischen Köln und Jülich. Die Kölner wurden vernichtend geschlagen und der sie anführende Erzbischof geriet in die Gefangenschaft Wilhelms. Dieser kerkerte Erzbischof Konrad von Hochstaden im „Jenseitsturm“ ein, wo er 9 Monate gefangen bleibt. Gegen ein hohes Lösegeld wird der Erzbischof schließlich freigekauft.
  • Zahlreiche Kämpfe zwischen Köln und Jülich folgten. 1261 stirbt Erzbbischof Konrad von Hochstaden. Der Krieg nahm unter Konrad’s Nachfolger, Engelbert ll. von Falkenstein, an Härte zu. Um 1267 fiel Engelbert ll. von Falkenburg mit seinen Truppen sengend und mordend in die Grafschaft Jülich ein. Am 18. Oktober kommt es bei Zülpich zur Schlacht und der Jülicher schlägt die Kölner vernichtend. Der Bischof gerät – wie sein Vorgänger – in die Gefangenschaft Wilhelms lV. und wird eingekerkert. Alle Verhandlungen der Kirche mit Wilhelm schlagen fehl und selbst der Bannfluch des Papstes schreckt den Grafen nicht: der Bischof bleibt weiterhin im Kerker. Am 16. April 1271, also nach rund 3 ½ Jahren, wird der Erzbischof gegen gewaltige Lösegeldzahlungen und die Abtretung wichtiger Rechte an Jülich aus der Gefangenschaft entlassen.

Kloster Steinfeld gehörte zum Bistum Münster, Münster wiederum zum Erzbistum Köln. Dadurch war auch der Erzbischof von Köln involviert (Konrad von Hochstaden, s.o.).

Erzbischöfe von Köln

  • 1216-1225 Engelbert I von Berg
  • 1225-1237 Heinrich I von Mulnarken
  • 1238-1261 Konrad von Hochstaden
  • 1261-1274 Engelbert II von Falkenstein
  • 1297-1304 Wikbold I von Holte

 

Erzbischöfe von Bremen

 

Bischöfe Bistum Münster

  • /6. 1204 – 6.3. 1218 Otto I Graf von Wildeshausen
  • 22/7 1218 – 18/7 1226 Dietrich III. Graf von Isenberg
  • 1226 Wilbrand von Oldenburg Verwalter des Bistums Münster
  • 1226-10.06.1247   Ludolf von Holte
  • 1247-21.06.1259  Otto II. zur Lippe

3. Bauphase um 1220 – Dom von St. Marien

Stifterfigur Maria von Brabant

Stifterfigur weibl. – der Kopf ist leider abgeschlagen ebenso der Dom in ihren Händen, den Schomerus ergänzt hat

Will man die Turmeingangshalle der Marienkirche in Marienhafe / Brookmerland betreten, so muß man einige Stufen abwärts gehen (normalerweise geht man zum Portal hinauf). Der Eingang liegt also in der Warft, die demnach früher noch nicht so hoch aufgeschüttet gewesen ist wie heute bzw. es hat ein Erdanwuchs stattgefunden. (Häufig geschah das, weil direkt an der Kirche Pesttote begraben wurden, wenn der Friedhof überfüllt war.) Dafür sprechen auch die Höhenunterschiede des Fußbodens in den drei Bauabschnitten, denn unter dem jetzigen Fußboden liegt um 1 ½ Fuß tiefer ein Fliesenfußboden (im Mittelschiff), der auf ca. 1210 datiert wird. Erheblich tiefer darunter liegt ein gestampfter Lehmboden. Damit müsste eine Erweiterung der Kirche schon um 1210 stattgefunden bzw. begonnen haben. Das läßt vermuten, dass die Kirche bereits eine Baustelle gewesen ist, als die umzusiedelnden Prämonstratenser eingetroffen sind. Manche Gotteshäuser waren damals wie heute „ewige“ Baustellen.

Nimmt man diesen Zeitpunkt an, so ist davon auszugehen, dass kaum noch viele Jahre geblieben sein dürften, um Kultivierungsarbeit zu leisten, denn 1230 ist der Dom schon genannt und die Arbeiten müssen zumindest so weit fortgeschritten gewesen sein, dass nicht von einem Bauvorhaben die Rede ist. Die generelle Aufgabe der Prämonstratenser wird somit darin bestanden haben, den Dom zu vollenden.

Es muß in Betracht gezogen werden, dass sich die Ziele des Ausbaus innerhalb von 40 Jahren an die politischen Gegebenheiten, die ja enorm brisant gewesen sind, angepaßt haben. Vermutlich war zuerst ein kleinerer Umbau vorgenommen worden. Erst der bevorstehende Kreuzzug führte zu einem größeren Bauvorhaben, welches nochmals nach dem ruhmreichen Zug gegen Ägypten (1217 Damiette) und wiederum nach dem  Kreuzzug gegen die Stedinger erweitert wurde. In den Kreuzzug gegen die Stedinger Bauern waren ganz besonders stark Brabant und Oldenburg involviert. Somit könnte nicht nur von drei, sondern von ca. fünf Bauabschnitten bzw. Ergänzungen des Kirchengebäudes ausgegangen werden.

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Kampf um den Kettenturm von Damiette / Ägypten

 gleiches Schiff ist abgebildet auf einem Friesstein vom Dom v. St. Marien

 

 Die „Marien-Kirche“ ist vor allen Dingen auf die Kreuzfahrer ausgerichtet gewesen, wie Figuren und Sandsteinfries aufzeigen.

Ein anschaulicher Beweis des Engagements für das „Heilige Land“ wurde im Mittelalter über Aufzeichnungen hinaus durch Klostergründungen und Kirchenbauten erreicht. Die beträchtliche Mitwirkung und den daraus resultierenden Ruhm – soweit möglich – zu dokumentieren, machte man sich beim „Dom von St. Marien“ zur Aufgabe. Das bedeutete überdies, Macht, Ansehen und Reichtum zu bekunden.

Mit dem Dom sollte ein Kraftzentrum entstehen gegen heidnische Untertanen, denn die gab es ja immer noch; Dank für vorangegangenen (mind. 3) Kreuzzüge, zumindest „Kredit im Himmel“. Der Dom sollte nicht nur zur Glorifizierung der Jungfrau Maria dienen und ewige Erinnerung an die Kreuzfahrer sein, sondern darüber hinaus – nach alterprobtem Rezept – zum Aufblühen der Region beitragen und die Macht der Herren demonstrieren bei den aufmüpfigen Friesen, die sich oft gegen die Obrigkeit auflehnten.

  • Angesichts der außerordentlichen Kreuzfahrertradition des Hauses „Bouillon“ und der Legende der „Maria“ als Stifterin des Doms drängt sich die Kaiserin Maria von Brabant als vornehmste Erbin des Hauses Brabant (Bouillon) geradezu auf.
  • Üblicherweise ließen Landesherren Sakralbauten errichten. Es liegt aus diesem Grunde nahe, dass als Bauherr das Herzogtum Brabant  bzw. Grafenhaus von Holland [Dietrich III der Jerusalemer (993-+27.5.1039) – nennt sich selbst zum ersten Mal „Graf von Holland“] in Frage kommt.
  • Der Bischof von Münster scheidet insofern aus, als sich die Diözese ständig in Geldnot befand und die Propstei Brokmannia weder exisierte, noch Münster zugeschlagen war. Dies erfolgte erst 1251.
  • Erzbischof von Bremen war seinerzeit Gerhard II. zur Lippe (1219-1258). 1223 ging der hamburgische Erzbischofstitel wieder auf Bremen über. Der Bremer Dom wurde nun zur Kathedrale ausgebaut und es gab massive und sehr teure Umbauten. Also wird auch der Erzbischof Gerhard II. zur Lippe keine Mittel für einen weiteren Dom übrig gehabt haben, zumal der große Kreuzzug gegen die Stedinger Bauern (1234) hohe Kosten verursacht hatte und die Unterwerfung der überlebenden Bauern keine der erhofften Reichtümer einbrachte und nichts als Verwüstung hinterließ. Zudem war kaum noch jemand übrig, um das Land zu bestellen, so massiv war die Ausrottung der Stedinger ausgetragen worden.
  • Geht man davon aus, das die Curie den korrekten Namen in der Urkunde von 1387 angegeben hat, dann hat der Dom tatsächlich den Namen ‚Augustinus-Kirche’ getragen. Demnach hat die Bevölkerung den Namen „Dom der Maria“ entwickelt – in Erinnerung an die Stifterin, die Kaiserin Maria von Brabant, was gewissermaßen zu einer zwiefachen Begriffsbildung führte.

Die Stedinger zwischen Hunte und Weser

Im 12. Jh. hatten die Erzbischöfe als Herren Weststedingens Ansiedler aus Sachsen, Holland, Westfalen und Ostfriesland herangezogen. Diese deichten das bisher schutzlose Land ein und schufen damit neues Acker- und Weideland. Das urbar gemachte Bruchland wurde ihnen zugeteilt. Dafür mussten sie den Holler-zins und den Zehnten abführen.
Da es im Stedinger Land keine Regierungsform gab, entstand eine freie Bauernrepublik. Die Stedinger fühlten sich unabhängig.
Nachdem die Armut überwunden und Reichtum ins Stedinger Land eingezogen war, trachteten die Oldenburger Grafen und Bremer Erzbischöfe danach, das Stedinger Land zu beherrschen und wei-tere Abgaben einzutreiben. Zu diesem Zweck legten sie Zwingburgen an. Trotz ihrer Übergriffe mit Waffengewalt konnten sich die Stedinger wacker verteidigen und ihre Freiheit erhalten.
Schließlich erwirkte der Erzbischof von Bremen beim Papst den Kirchenbann und Kaiser Friedrich sprach die Reichsacht über sie aus. 1234 nun wurde das Kreuz gegen die Stedinger gepredigt. Es sammelte sich ein Kreuzzugsheer von 40.000 Mann. (Der Deutsche Ritterorden beteiligte sich nicht an dieser Menschenjagd auf die Stedinger, die angeblich Ketzer sein sollten.) Zehntausend Stedinger zogen ihnen entgegen, Männer, Frauen und Kinder. Bei Altenesch kam es zum Kampf. Das erbitterte Ringen, in dem viele tausend Kreuzfahrer fielen, schien den Stedingern den Sieg zu bescheren. Gegen Abend aber fiel Graf Dietrich von Cleve den ermatteten Bauern in die Flanke. Das bedeutete den Todesstoß gegen ein ganzes Volk.
An der Spitze der tapferen Stedinger standen die Anführer Bolko von Bardenfleth, Thammo von Huntorp und Detmar tom Dyk. Ihnen begegnen wir auch in meinem Musical „Die Stedinger“.

An diesen Kreuzzug (1234) beteiligten sich u.a.:

Der Herzog Heinrich II. der Jüngere von Brabant, Graf Otto III. von Geldern, Graf Dietrich von Cleve, der Graf Florens IV. von Holland, Erzbischof Wilbrand von Utrecht, Wilhelm IV. von Jülich, Edelherr Gerhard von Diest, Wilhelm von Grimberg, Arnold II. von Wesemale, Walter von Bouchot, Walter V. Berthout, Robert VII. von Bethune, Wilhelm III. von Bethune, Arnold IV von Oude-naarde, Rasso VI. von Gavere, Dietrich III. von Bevere (Kastellan von Dirmuide), Gilbert I. von Zottegem, Giselbert von Gottinghien, Otto I. Graf von Oldenburg und sein Sohn Graf Heinrich III. von Oldenburg-Wildeshausen (wurde in dieser Schlacht getötet), Graf Ludwig I von Ravensberg, Adolf VII. von Berg und viele andere Fürsten und Edelherrn.
Auffallend ist die Oldenburger Verwandtschaft: van Berg, Ravensberg, Cleve, Wilbrand von Utrecht, Wesemale, Diest, Holland, Geldern, Brabant, Jülich… Das Heer bestand im Grunde ausschließlich aus Oldenburgern und deren Verwandtschaft bzw. deren Vasallen, die zur Heeresfolge verpflichtet waren.

– Dass dort auch ein Vogt aus dem Hause der „tom Brok“ beteiligt gewesen sein kann, dürfte wohl aufgrund der Pflicht zur Heeresfolge angenommen werden. Dies müßte dann jed. vermutlich der Vorgänger des Konsuls Kene von Norden gewesen sein, weil „unser“ urkundlich genannte Vogt von Norden 1309 od. 1310 gestorben ist. (Davor sind m. E. keine Vögte namentlich überliefert. Dies müßte jed. noch genau überprüft werden.) –

Eine überwältigend brutale Demonstration seiner Macht hatte das Haus Oldenburg mit all seinen Verwandten, die ihm Gefolgschaft leisteten, den Stedingern in der Diözese Bremen geboten. Ein Kreuzzug, um Steuern einzutreiben, an dessen Ende viele hundert Scheiterhaufen loderten. Der Dom sollte das ewige Gedenken daran wach halten. Somit kann man – obwohl alle Belege vernichtet sind – davon ausgehen, dass zu den Stiftern das mächtige Haus Brabant und die beteiligte Verwandtschaft gehörte.

Es wurde also ein Kirchenbauwerk gestaltet, welches die aufmüpfigen Friesen einschüchtern sollte. Auffallend sind die später zerstörten Figuren (Stifterfigur, Ritter, Löwen pp.). Es ist anzunehmen, dass dies bei Säkularisierung – nicht ohne Grund – geschehen ist. Die Löwen, welche rechts und links des Portals „lagen“, unterstreichen, dass die Kirche auch als Versammlungsort gedacht war. Die Löwen standen im Zusammenhang mit dem Gastungsrecht und natürlich den Herrschern (z. B. Brabant pp.).

Unbenannt4



Nachdem Kaiser Otto IV. am 19. Mai 1218 verstorben war, heiratete 1220 der hoch betagte Graf Wilhelm I. von Holland (+1222) die Kaiserin-Witwe Maria von Brabant. Diese Eheschließung steht wahrscheinlich in engem Kontext zu den Streitigkeiten zwischen Brabant und Holland (Dirk VII – s. o.) und somit auch im Zusammenhang mit dem Federgau. Das Land gehörte zum Eigengut des Welfenhauses.


Der „Hof der Maria“ deutet darauf hin, dass dieses Anwesen zum Wittum der Maria von Brabant gehörte. Es ist anscheinend so, dass Maria nicht „im Moor“ residierte, sondern zu ihrem Vater zurückgekehrt ist. Das Eigentum verlieh ihr im Wesentlichen drei Rechte: Nutzung (usus), Fruchtziehung (fructus) und Verfügung (abusus). Durch die Begründung des Nießbrauchs übertrug Maria die Rechte der Nutzung und Fruchtziehung an die Prämonstratenser. Auf diese Weise behielt Maria das „Eigentum“ (nuda proprietas, eine Form des nudum ius) für sich. Die umfassende Nutzung hingegen lag bei den Prämonstratensern.Der Adel stattete hinterbliebene Frauen mit „Widumshöfen“ aus. Oft gingen die Witwen ins Kloster. Um diese adeligen Nonnen von der Arbeit freizustellen, erhielten die Klöster Höfe mitsamt Leibeigenen zur Versorgung der Damen. – Maria von Brabant hat jedoch 1222 erneut geheiratet und konnte auf den Hof verzichten. – Marias 1. Gemahl Kaiser Otto IV. war 1218 verstorben. – Nach dem Tod ihres 2. Gemahls, Graf Wilhelm von Holland,  ging Maria von Brabant ins Kloster Binderen, welches sie zum kulturellen Mittelpunkt machte. Dafür benötigte sie etliche finanzielle Mittel. Möglich ist daher der Verkauf ihres Nobilis-Hofes an einen Königsrichter. Weges des „Blutgerichts“, welches an dem Gerichtshof hing,  konnten die Prämonstratenser den Hof gar nicht bekommen. Logisch ist daher, dass der Inhaber des „Blutgerichtes“ der Vogtei Norden, zu dessen Bezirk das Brokmerland ohnehin gehörte, den Nobilishof erwarb. Das Brokmerland hingegen blieb bis auf die zugehörigen Länderein zu Lehen. – Etwas anderes wäre wahrscheinlich wegen des bestehenden Kondominiums (s. u. „Kaiser Barbarossa“) nicht möglich gewesen.  – Ähnlich verhielt es sich bei der „Augustinus“-Kirche (heute St. Marien genannt).

Ich erinnere daran, dass den „tom Brok“ offenbar ein Stuhl als Domprobst zustand. Wie kann es dazu gekommen sein? – Die Stiftung von Kirchen und Klöstern erforderte immer eine Gegenleistung von Seiten der Kirche. Es war üblich, dass diese Gegenleistung durch bestimmte Ansprüche auf Ämter erbracht wurde. Der „Dom“ von St. Marien ist aber nicht – wie ursprünglich vermutlich geplant – zum „Dom“ geweiht geworden und also gab es dort auch nicht den erwarteten Stuhl. Anzunehmen ist daher, dass der Amtsanspruch deswegen auf den Dom von Bremen bzw. Münster übertragen wurde. Die „tom Brok“ haben während ihrer Herrschaft die Kosten getragen für die Kirchen von Marienhafe und Utengrahove (Engerhafe) (Erweiterung und Ausbau). Hinzu kommt auf alle Fälle noch die Kirche von Norden. Es ist nicht genau bekannt, für welche Anzahl kirchlicher Einrichtungen der „Clan“ noch aufgekommen ist. Da kann man nur spekulieren, es werden etliche gewesen sein, kamen doch noch einige Klöster hinzu, die finanzeille Leistungen sowie Grundbesitz erhalten haben.


Da nun aber der Staufer Friedrich II. sein Ziel erreicht hatte (Absetzung von Kaiser Otto IV.) und König bzw. Kaiser (Am 22.11.1220 Kaiserkrönung Friedrichs II. in Rom durch Papst Gregor IX.) geworden war, mochte es wohl sinnvoll gewesen sein, die noch nicht ganz fertig gestellte Kirche – mit bestimmten Auflagen – wegzugeben, um sie aus dem Fokus zu nehmen. Die zugehörige Burg war Sitz des Vogtes. Da der Vogt gleichzeitig Königsrichter war (die Königsrichter wurden „Kennen“ genannt, daher vermutlich der Name „Kene“), siegelte er mit dem Reichsadler. Vielleicht tragen die tom Brok deswegen den Adler im Wappen wie auch die Allena und Circsena als Verwandte der tom Brok. Das erklärt aber noch nicht die 3 Kronen in Ritter Ockos Siegel, die ja auch von dessen Nachfolgern übernommen wurden.

Anscheinend war die Entscheidung, die kirchliche Baustelle in die Hand eines Ordens zu geben und von diesen fertigstellen zu lassen, höchst politisch und weniger ein „mildtätiger Akt“, zumal abermals die Brabanter Herzogsfamilie involviert war, wie wir unten sehen werden.

Kaiser Ottos eigener Plan eines Kreuzzuges war durch seine schreckliche Niederlage bei Bouvines zerschlagen worden. Kaiser Ottos Nachfolger wurde nun also der Staufer Friedrich II. Im Norden und Nordwesten Deutschlands aber hatte Otto IV. trotzdem immer noch einen bedeutenden Anhang, auch wenn er jetzt auf seine Erblande beschränkt blieb. Seinen Ansprüchen hat Otto bis an seinen Tod (19. Mai 1218) nie förmlich entsagt. Kurz vor seinem Tod schickte Otto mit honoriger Geste Friedrich II. die Reichsinsignien unter dem Hinweis, dass ein König trotz Salbung kein rechter König sei ohne die Reichsinsignien. Nach seiner Absetzung war Otto IV. schwer erkrankt. Eine Beteiligung des Hauses Sachsen und damit der Friesen an dem Kreuzzug 1217 hat aber dennoch stattgefunden.

Es steht zu vermuten an, dass eine Glorifizierung der Welfen bzw. des Hauses Holland/Brabant bei dem Staufer Friedrich II. unliebsame Reaktionen hervorgerufen hätte. Kaiser Friedrich II. hat permanent in Gegensatz zum Welfenhaus gestanden, war aber dennoch den Friesen (die Holländer werden immer noch Friesen genannt) gewogen und ihnen gegenüber sogar zur Dankbarkeit verpflichtet, da sie – trotz des über ihn verhängten päpstlichen Bannes – bei Gefahr der eigenen Verketzerung während des Kreuzzuges 1228/29 loyal geblieben waren und zu Friedrich II. gestanden hatten, während die meisten Reichsfürsten von ihm abgefallen waren.

Und doch bewegte man sich im Hause Brabant auf „dünnem Eis“. Es war Diplomatie gefragt und allergrößte Vorsicht geboten, zumal der Staufer den Welfen bitter bekämpft hatte. Die Dankbarkeit der Könige reichte gewöhnlich nicht weit. Sie konnten sehr vergesslich sein und Kaiser Friedrich II. konnte überdies äußerst rachsüchtig und überaus grausam sein. Eine Glorifizierung seines Gegners Otto IV hätte er sicher nicht hingenommen. Andererseits wollte man das begonnene Werk des Domes aber auch wie geplant vollendet wissen. Es bot sich als Ausweg der „Winkelzug“ einer „Übertragung“ an eine Ordensgemeinschaft an.

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Die 7 Sandsteinfiguren, die sich farblich von den übrigen absetzen, nämlich von gelblicher Farbgebung sind, bildeten wahrscheinlich eine erste Gruppe von Figuren, die angefertigt worden war: 2 Ritter, 1 Engel, Maria mit Kind sowie „Zacharias“ und „Philippus“ und der Heilige mit der Dose. – Der Fliesenboden im Mittelschiff stammt aus dem Jahre 1210. – Papst Innozenz III. rief 1213 zum Kreuzzug auf.

Burgen und Kirchen wurden üblicherweise fortlaufend erweitert. Archäologische Untersuchungen könnten in Oldeborg sensationelle Funde und vielleicht sogar Reste einer Feste aus der Normannenzeit zutage fördern, denn befestigte Behausungen (Burgen) lagen eine Tagesreise voneinander entfernt, wobei die Strecken wegen der katastrophalen Wegeverhältnisse sehr unterschiedlich waren. (Die nächste Burg wäre wahrscheinlich der Rabbelsberg (=Radbodsberg) bei Dunum (benannt nach König Redbad) oder Jellinghusen (benannt nach dem dänischen Königsgeschlecht der Jellinge = Gottfried – Gorm – Harald Blauzahn pp.) bei Wittmund bzw. Haroldesheim (heute Woltersberg genannt; ehemals Kleiburg = Klaksburg = Harald Klaks Burg) bei Jever bzw. jenseits der Ems die Radboud-Burg).

Anmerkung:

Außer Utengrahove (heute Engerhafe) sollen zwei weitere Kirchen zur gleichen Zeit (um 1220) durch Schwestern der Maria von Brabant errichtet worden sein. Dies könnten sein: die (heutige) Johannes-Kirche von Utengrahove sowie auch die Gangulf-Kirche von Westeel. Diese Kirche wurde ein Raub der See (Leybucht). Es gab gute Gründe dafür, denn Ausbau bzw. Gründung einer Kirche sollten lt. mittelalterlichem Glauben die Zeit im „Fegefeuer“ verkürzen.

In Frage kommt evtl. Marias Schwester bzw. deren Ehemann, der im Turnier seinen Schwager getötet hatte – eine schreckliche Katastrophe!

    • Am 19. Juli 1234  wurde Graf Willems Sohn u. Nachfolger Graf Florenz IV. von Holland auf Rhijnsburg durch einen Turnierunfall von seinem Schwager Wilhelm XI., Graf von Clermont und Auvergne, versehentlich getötet. Das Turnier war veranstaltet worden, um den siegreichen Triumph des Kreuzzuges gegen die Stedinger Bauern (b. Bremen) feierlich zu begehen.
  • Zweifellos hat auch Wilhelm XI. Graf von Clermont/Auvergne am Kreuzzug gegen die Stedinger teilgenommen, da dieser mit Adelheid von Brabant verheiratet war und dieses Turnier kurz nach dem Kreuzzug stattgefunden hat und zur Siegesfeier zählte. Für Adelheid bzw. ihren Gemahl Wilhelm XI. hat es also besonderen Anlaß zu einer Stiftung gegeben. –  War es wirklich ein Versehen von Wilhelm XI? Oder hat er Floris absichtlich getötet? Floris IV. hat womöglich „Otto dem Kind“  (ab 1235 Herzog von Braunschweig-Lüneburg, Sohn von Wilhelm, dem Bruder von Kaiser Otto IV.) während des Kreuzzuges gegen die Stedinger zur Seite gestanden und wie dieser Entlastungsangriffe geführt. Maria von Brabant (Ww. von Kaiser Otto IV. und Tochter von Herzog Heinrich von Brabant) war seine Stiefmutter! Überdies war Floris IV. verheiratet mit Mathilde von Brabant (der Schwester seiner Stiefmutter).

ADELHEID, Gräfin von Boulogne +1261/78 (Schwester der Maria von Brabant) war verheiratet gewesen mit

  1. oo ARNOLD III., Graf von Looz + vor dem 6.10.1221

  2. Ehe (oo 3.2.1225) WILHELM IX., Graf von Auvergne-Boulogne +1246

  3. Ehe (oo 12.4.1251) ARNOLD II. VON WESEMAELE, Marschall von Brabant  +1260 oder nach 1288

Zwischen dem Grafenhaus Holland und Looz gab es eine weitere Verbindung: Dirk VII (Bruder von Graf Willem I) Graf von Holland ux Adelaide von Cleve haben die Tochter Ada (Athela = Adela) (1187-1227), sie heiratet (1203) Ludwig von Looz, zeitweise Graf von Holland (+ 1218)

Hinzu kommt eine Tochter aus der 2. Ehe von Heinrich I. von Brabant mit 1213 Marie (1198-1223/4) To. von König Philippe II Auguste von Frankreich:  Elisabeth von Brabant + 1273, Halbschwester der Maria von Brabant

  1. Ehe mit Dietrich VI. Graf von Cleve (+ 1244) – Dietrich von Cleve nimmt am Kreuzzug gegen die Stedinger 1234 teil und bringt dem Kreuzheer den Sieg!
  2. Ehe 1246 Graf Gerhard II von Limburg (+1254)

Folgendes fügt sich zusammen, denkt man an jene als Stifterin überlieferte Maria, die mit ihren Schwestern zur gleichen Zeit zwei weitere Kirchen errichten bzw. ausbauen ließ. Möglich ist freilich, dass die Stiftungen der beiden Schwestern ins Land der Fama gehören. Immerhin sind Schwestern vorhanden und es ist auch möglich, dass sie sich am Ausbau der Kirchen beteiligt haben.

Zumindest scheint die Kirche von Westeel eine Kirche des „Gangu-Rolf“ gewesen zu sein, des Stammvaters der Bouillon, jenen Geschlechtes, dem Maria von Brabant und ihre Schwestern entstammten.

Bezugnehmend auf den Kreuzzug von 1234 gegen die Stedinger scheidet Margarete als Stifterin aus, da sie schon 1231 verstarb. Es bleiben Mathilde und Adelheid übrig als potentielle Stifterinnen oder auch die Halbschwester Elisabeth.

Merkwürdigerweise scheint die Gangulf-Kirche von Westeel dem Heiligen Liudger geweiht gewesen zu sein, denn er war der Schutzpatron und die Statue des Heiligen ist kurz vor der Sturmflut von 1373 in feierlicher Prozession zur Ludgeri-Kirche nach Norden gebracht worden (Annalen des Klosters Marienthal bei Norden). Dieses wie auch die anderen Klöster waren nicht nur geistliche Zentren, sondern dienten auch dem Landesausbau. Westeel zählte zum Missionsgebiet des Liudger. Liudger gründete 790 n. Chr. die Kirche in Leer, hat also um diese Zeit im heutigen Ostfriesland missioniert und könnte daher auch diese Kirche gegründet haben. Da der Heilige Gangulf 760 gestorben ist, kann es kaum möglich sein, dass Gangulf schon bis zum Tode Liudgers (+809) kanonisiert gewesen ist. Warum also ist die Kirche nach einem Heiligen aus Brabant “Gangulf-Kirche“ genannt worden?

Die Kirche von Utengrahove (heute Engerhafe) war dem Johannes Baptista geweiht und heißt heute „Johannes der Täufer Kirche“. Auch hier soll eine Schwester der Maria tätig gewesen sein. – Das ist gut möglich, denn Brookmerland gliederte sich in 3 Bezirke mit jeweils 2 Hauptkirchen: Marienhafe und Engerhafe; Victorbur und Wiegboldsbur, Bedekaspel und Blaukirchen. – Bekannt ist, dass die tom Brok die Johannes-Kirche im 14. Jh. vergrößert haben. Auch sie wurde später wieder verkleinert. (zugehörig zum Bistum Münster)

Bei allen 3 Kirchen handelt es sich vermutlich um einen Ausbau bzw. eine Erweiterung, jedoch nicht um eine Neugründung.

Man kann annehmen, dass Maria von Brabant als Kaiserin im Ruhestand ihre Schwestern wohl zu diesen Stiftungen bewegen konnte.

Vielleicht war der Federgau das Wittum der Maria von Brabant? Unterlagen darüber sind verlorengegangen. Manche Historiker vertreten die Meinung, die Kaiserin Maria von Brabant habe kein Wittum erhalten, was aber nicht zutreffen kann, weil das Wittum stets vor der Eheschließung vereinbart wurde. Marienhafe bzw. Oldeborg liegen sehr zentral im Federgau. Es ist zu vermuten, dass die „Kennenburg“, später „Olde Borg“ genannt, bereits zur Zeit der Grafen bestanden hat und die „Marien-Kirche“ sozusagen Hofkirche gewesen ist („Gastungsrecht“ – siehe dort).

Möglich, aber unwahrscheinlich ist es, dass der Name der „Kennenburg“ mit dem Landstrich „Kennemaren“ bzw. „Kennemerland“ in Holland in Verbindung steht, welcher zu den Alloden der Grafen von Holland zählte. Bisher wurde angenommen, dass dieser Name zurückzuführen ist auf den Konsul Kene (Keno), 1250 Vogt im Norderland. Zur Klärung könnten evtl. archäologische Untersuchungen beitragen. 1285 wurde durch Kene die Burg in Norden errichtet[1]. Von der Errichtung der Burg im Brokmerland ist nichts überliefert, vermutlich weil sie schon bestanden hat, bevor Kene dort Burgherr geworden ist, dies auch, weil die Brokmerbriefe den Burgenbu verboten. Logisch ist eine Übernahme der bereits existierenden Burg mit dem dort eingebundenen Gerichtshof durch ein Mitglied der Grafenfamilie. Es tun sich u.a. etliche Nebenlinien auf, die hierfür in Frage kommen könnten.

Der Name des Ortes „Marienhafe“ leitet sich ab von „Marienhove“, womit wohl die Freistatt der Kirche gemeint war. Der Name „Marienhafe“ hat mit dem dortigen Hafen, der erst später durch einen weiteren, gewaltigen Einbruch der Leybucht (1373 –  rd. 20.000 ha versunken) entstanden ist, nichts zu tun. (Heute noch sprechen Einheimische von Marienåf wie im Schwedischen zwischen a und o) Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 1251, als es zur Bildung der Propstei „Brokmannia“ kommt.[2]

Zusammenfassend: Gründe für den Kirchenausbau

  • Denkbar ist, dass sowohl Kaiser Otto IV. als auch Graf Wilhelm I. von Holland den Ausbau schon vor Beginn des Kreuzzuges[3] (1217) in Angriff genommen haben, um möglichst große Teilnehmerzahlen zu erzielen. Ein Gemeinschaftsprojekt also.
  • Noch vor Beginn des Kreuzzuges wurde Kaiser Otto IV. abgesetzt (1215) und erkrankte danach schwer.
  • 1218 ist Kaiser Otto IV. verstorben.
  • 1219 kehrt Wilhelm I. Graf von Holland aus dem Kreuzzug (Damiette) zurück. Sicherlich kam er nicht zurück, ohne erhebliche Schätze mitzubringen.
  • Die Arbeiten am Dom waren noch nicht abgeschlossen oder wurden erneut aufgenommen, jetzt mit dem Ziel, den heiligen Sieg zu glorifizieren.
  • Die immensen Materialkosten kann der Prämonstratenser-Konvent nicht getragen haben. Er hat lediglich die Vielzahl der Arbeitskräfte gestellt. – Es gab reiche Stifter.
  • Wilhelm I. heiratet 1220 Maria von Brabant, die Ww. von Kaiser Otto IV.
  • Maria von Brabant entstammte einer der berühmtesten Kreuzfahrerfamilien (Bouillon).
  • Als zentrale Person tritt Heinrich I. von Brabant * ca. 1158, + 1235 5. IX. (Marias Vater) als Verbündeter von Kaiser Otto IV. und als Oberbefehlshaber des Kreuzfahrerheeres 1197 in Erscheinung.
  • Florenz IV (So. von Wilhelm I – s. o.) war ebenfalls Kreuzfahrer

War der Dom Eigentum der Bevölkerung? Dem widerspricht die Patronatsloge im Turm der Kirche. Aufgrund dessen kann angenommen werden, dass es einen Patron – Aristokraten – als Bauherrn gegeben hat. In vielen Dörfern der Marsch blieb das Patronatsrecht bis ins 16. Jh. erhalten, d.h. es blieb in Händen der Häuptlingsfamilien, die ihre Abstammung und somit ihre Rechte direkt oder indirekt von den Stiftern ableiteten (dies taten offenbar auch die tom Brok, als sie die Patronatsloge Störtebeker und seinen Likedeelern überließen).

Warum aber im Brookmerland, am Rande des Sumpfes?

  • Friesen waren ein aufmüpfiges Volk. Die Ems stellte keine Grenze dar. Das heutige Groninger Land und der Federgau bildeten eine Einheit. Besonders die Drenther Friesen (Groningen liegt darauf) sind recht angriffslustig gewesen. Inwieweit die Friesen diesseits der Ems involviert waren, bedarf noch eingehender Untersuchungen. Federgau und Groninger Land waren seit Urzeiten eng miteinander verbunden. Zum Landfriedensbund „Upstalsboom“, dessen Küren (Gesetze) zu gegenseitigem Beistand verpflichteten, gehörte auch das Land diesseits der Ems. Man muß also davon ausgehen, dass in die Kämpfe der Drenther Friesen auch die Friesen diesseits der Ems verwickelt waren.
  • Eine Burg hatte die gleichzeitige Stärke einer „Zwingburg“. (Daher auch das Verbot in den Brokmer Willküren zum Bau weiterer Burgen.)
  • Sumpfiges Gebiet bot gleichzeitig Schutz gegen Überfälle. Man nutzte Sumpfland als Schutzgürtel. Die Landschaft ist geprägt von Hoch- und Niederungsmoor. Ein Teil der Moore ist jedoch vermutlich erst während der langen „Regenzeit“ entstanden.
  • Die Sümpfe brachten wenig Nutzen. Das Land musste kultiviert werden, um Kolonisten anzulocken und um entspr. Zins zu erzielen.
  • Prämonstratenser und Zisterzienser kultivierten Sumpfland, Dominikaner wollten Seelen retten. Damit sind die vielen Ansiedlungen der Prämonstratenser und Zisterzienser wohl erklärt.
  • Dieser „Dom“ stand relativ zentral im Federgau, er besaß einladende Strahlkraft.

Unbekannt ist, welchen Zeitraum die gesamte Fertigstellung bzw. der Umbau- und Anbau, von „St. Marien“ eingenommen hat. Genutzt wurde das Bauwerk sicher durchgehend, auch als Baustelle. Der Dom besaß ohne Zweifel förderliche Auswirkungen, denn es entstanden im gleichen Zeitraum mehrere große Steinkirchen bzw. Ausbau von Kirchen in Ostfriesland (Eilsum, Engerhafe, Westeel, Groothusen, Hage, Hinte, Midlum, Uttum, Norden, Osteel pp.)


[1] Norder Annalen, Ostfrs. UB 44 Seite 30

[2]Die erste urkundliche Erwähnung eines münsterschen Probstes von Friesland (später Archidiakon) stammt aus dem Jahre 1152. – 1219-1224 wird Ludolf von Holte als münsterscher „prepositus Frisie“ (Archidiakon) in 6 Bischofsurkunden erwähnt.

[3] Papst Honorius III. trägt am 21. Mai 1218 den Pröpsten der Domkirche, der Peterskirche und dem Dekan der Salvatorkirche in Utrecht auf, den Boten des Grafen Wilhelm von Holland den zwanzigsten Teil der kirchlichen Einkünfte in Holland, Seeland und Ostfriesland und in seinen anderen Besitzungen zur Unterstützung des Heiligen Grabes anzuweisen. (Ostfrs. Urk.Buch III Seite 4) (Kreuzzug von 1217 – 1221 – Damiette wurde aufgegeben) – (Ostfriesland nannte man das Gebiet von der heutigen Zuidersee bis zur Weser)


Gunda Kopie2

Gunda v. Dehn 2006

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Letzte Änderung 05.10.2023